Im Frühherbst 2018 setzte ich meine 2017 in der Goethestadt Wetzlar begonnene Wanderung bis zu Goethes Studienort Straßburg fort. Jurisprudenz hat er dort studiert. Goethe war ein Kollege. Na denne ...
Vom Hauptbahnhof Saarbrücken lief ich über den St. Johanner Markt stadtauswärts nach Osten. Der St. Johanner Markt mit seinen Boutiquen, Kneipen, Bistros und Restaurants ist das Herzstück des Saarbrücker Lebens.
Durch das Grumbach-Tal Richtung St.Ingbert.
Völlig erschöpft - auch wegen der vollsperrungsbedingten Umleitung des Radweges - (Brücke war mit Bauzaun abgesperrt. Echt fies!) - erreichte ich St. Ingbert-Sengscheid. Bis zu „meinem“ historischen Waschhaus in Oberwürzbach waren es noch vier Kilometer. Keine Chance! Die Nacht war lau, Regen nicht in Sicht – dafür gab es auch hier köstliches Quellwasser. Ich blieb und legte mich mit meinem Biwaksack auf die Bank.
Vor Oberwürzbach beginnt das Biosphaerenreservat Bliesgau. Es umfasst eine Fläche von ca. 36.000 ha und wird vor allem von Wäldern, Streuobstwiesen und Auenlandschaften der Blies geprägt.
Auf der Sieben-Weiher-Tour(lokaler Radwanderweg) wanderte ich nach Oberwürzbach und später weiter Richtung Blieskastel.
Sieben-Weiher-Tour vor Reichenbrunn.
Biosphaerenreservat Bliesgau vor Reichenbrunn.
Gegen Mittag erreichte ich endlich das historische Waschhaus in Oberwürzbach. Das Waschhaus ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als man mit dem gewerbsmäßigen Brunnenbau begonnen hat, entstanden. Es ist ein Relikt aus der bäuerlichen Vergangenheit des Dorfes Oberwürzbach.
Ich musste nicht lange warten, bis meine Bekanntschaft der letzten Besuche (Rund ums Saarland, Oldtimerrad-Deutschlandtour) eintrudelte. „Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.“ Nun ja. Immerhin war ich drei Jahre nicht da.
Sieben-Weiher-Tour hinter Oberwürzbach.
Aufgestauter Würzbach.
Erst in der Dämmerung erreichte ich Blieskastel. Schade, denn ich hatte mich darauf gefreut, einige Bekanntschaften meiner Oldtimerrad-Deutschlandtour wiederzusehen. Blieskastel verfügt im Saarland über eine einmalige Stadtanlage und ist durch die barocke Architektur geprägt
Ich übernachtete auf dem Rastplatz am Radweg hinter Blieskastel.
Auf dem Saarland-Radrundweg (der rund ums Saarland führt) …
… lief ich ...
… - machmal lief ich auch nicht - ...
… entlang der Blies Richtung Zweibrücken zunächst zur Landesgrenze hinter Einöd.
In Einöd übernachtete ich in einem Unterstand am Bahnhof. So verlor das lange erwartete Gewitter seinen Schrecken – zumal ich bis Mitternacht Gesellschaft hatte.
Zwischen Einöd und Zweibrücken überquerte ich …
… die Landesgrenze (siehe Hinweisschild an der Autobahn BAB 8) Saarland-Rheinland-Pfalz.
Bahnhofsvorplatz Zweibrücken. Kurz vor Kriegsende wurde Zweibrücken am 14. März 1945 - im Volksmund „Schwarzer Mittwoch“ genannt - durch einen Bombenangriff fast vollständig zerstört. Mit über
80 % war sie eine der am stärksten zerstörten Städte Deutschlands.
Die Radroute Rheinland-Pfalz führt rund um das Bundesland – und damit zwangsläufig (über das nordelsässische Wissembourg) an den Rhein.
Ich folgte ihr.
In Rimschweiler begegnete mir der bekennende Pferdenarr Stefan, der auf den Wiesen hinter meinem meinen Rastplatz mit Erfolg Rennpferde züchtet. "Deutschland ist eng geworden." Ich stimmte ihm zu (siehe www.flaechenverbrauch.org).
Radroute Rheinland-Pfalz vor Hornbach. In Hornbach wurde um 741 vom hier gestorbenen heiligen Pirminius das Kloster Hornbach gegründet. Das Kloster Hornbach besaß bis ins 14. Jahrhundert einen weitreichenden Einfluss und gab wichtige Impulse für die Entwicklung in Oberlothringen. Zahlreiche Dorf- und Hofgründungen gehen auf dieses Kloster zurück.
Die Radroute Rheinland-Pfalz wird hinter Hornbach ...
... gemeinsam mit dem Pfälzer Jakobsweg geführt.
Blick auf Großsteinhausen.
Starkregen vor Vinningen - Blick Richtung Pirmasens.
Die Jungs vom SG Vinningen gaben mir unter dem Vordach ihres Vereinsheims Unterschlupf vor dem Regen. Danke! Gott sei Dank klarte es am Abend auf.
Am nächsten Morgen war das Wetter traumhaft. Blick hinter Vinningen Richtung Pirmasens.
Waldweg vor Eppenbrunn.
In Eppenbrunn überzeugte mich diese Reliefkarte, einen großen Umweg über Hinterweidental zu machen, um im Tal der Lauter über Wissembourg und Lauterbourg an den Rhein zu kommen. Stichwort: Höhenangst.
Hinter Glashütte.
Von Salzwoog nach Hinterweidental ging ich diesen Wanderweg.
Wanderregion um Hinterweidental.
Dahner Felsenland.
„Grenzübergang“ nach Frankreich im Tal der Lauter vor Wissembourg.
Sonnenaufgang hinter der historischen Altstadt von Wissembourg.
Mein Lagerplatz an der Lauter vor der Altstadt von Wissembourg.
Historische Altstadt von Wissembourg. Die Stadt liegt an jener Stelle der deutsch-französischen Grenze, an der der Oberrheingraben in den Pfälzerwald bzw. die Vogesen übergeht. Sie teilt die wechselhafte Geschichte des Elsasses zwischen dem germanischen (deutschen) und romanischen (französischen) Kulturraum.
Jetzt war es nicht mehr weit bis zum Rhein.
Waldeinsamkeit auf dem Weg nach Lauterbourg.
Hinter Lauterbourg erreichte ich den internationalen Rheinradweg (EuroVelo-Route EV15).
Bei Mothern (Elsaß) fand ich diese Schutzhütte am Rhein
– und blieb.
Rhein bei Mothern.
Rhein bei Mothern vor Sonnenaufgang.
Auf dem Hochwasserdamm ...
… sowie vorzugsweise auf dem Wirtschaftsweg daneben (wegen der Radfahrer) ging ich weiter nach Munchhausen.
Block-Künzler auf einem Feldweg vor Munchhausen.
Die Einmündung der Sauer in den Rhein bei Munchhausen: Delta de la Sauer.
Es ist ein großflächiges Naturschutzgebiet und eines der sechs französischen Rheinauenreservate.
Der Bois de Munchhausen im Delta stellt eine der letzten intakten Weichholzauen in Mitteleuropa dar.
Rheinradweg im Elsaß.
Rheinradweg im Elsaß vor Beinheim.
Rheinbrücke von Beinheim nach Rastatt. Im Hintergrund der Schwarzwald in der Abenddämmerung.
Rheinradweg im Elsaß vor Sessenheim. Bekannt wurde der Ort vor allem durch Goethe und dessen Liebe zur Sessenheimer Pfarrerstochter Friederike Brion (Sesenheimer Lieder), wodurch die Gemeinde zum Pilgerort zahlreicher Goethe-Verehrer wurde.
Das Wetter war durchwachsen.
An diesem Fischteich zwischen Sessenheim und Dahlhunden lagerte ich über Nacht. In der Frühe hingen mehr Angelhacken als Fische drin.
Blick aus meinem Tarp am frühen Morgen auf den Sonnenaufgang über dem Schwarzwald.
Der Mühlbach bei Dahlhunden.
Neben diesem Museumsfrachter in Offendorf lagerte ich
über Nacht.
Hinter Gambsheim landete ich wieder auf der D 468, an welcher der Rheinradweg nördlich von Straßburg oft geführt wird. Selten war sie so leer.
Ab La Wantzenau führte mich die Route des Forets durch den Robelsauer Wald bis Straßburg.
In dieser Schutzhütte im Robelsauer Wald verbrachte ich meine letzte Nacht in Frankreich.
Die Route des Forets im Robelsauer Wald wird über einen Damm geführt. Daneben gibt’s einen Trampelpfad, der vorwiegend für Pferde gedacht ist. Vorteil: keine Rennräder und eBikes!
Anfang April 1770 traf Goethe in Straßburg ein. Die rund 46 000 Einwohner zählende alte Reichsstadt stand zwar seit ihrer Besetzung durch die Truppen Ludwigs XIV. im Jahre 1681 unter französischer Verwaltung, blieb aber doch noch stark von deutscher Kultur geprägt.
PS: Alle meine letzten Bilder aus Straßburg sind Ergebnis der hohen Luftfeuchtigkeit auf der „Route des Forets“ in der vorausgegangenen Nacht - und nicht etwa eines Kunstfilters.
Anders als in Leipzig trieb Goethe seine juristischen Studien in Straßburg energisch voran. Kurz vor seinem 22. Geburtstag kehrte er von Straßburg nach Frankfurt zurück. Der frischgebackene Jurist und vom Frankfurter Magistrat bald zugelassene Advokat errichtete im Elternhaus eine kleine Kanzlei - in der zu Goethes Zufriedenheit mehr und mehr sein Vater über den Akten waltete.: Nicht mehr als 28 Prozesse hat Goethe während seiner vierjährigen Juristenlaufbahn geführt.
PS: Johann Caspar Goethe war ein wohlhabender Jurist und Kaiserlicher Rat in Frankfurt am Main.
Schon am Tag seiner Ankunft begeisterte Goethe der gewaltige Anblick des gotischen Münsters (Bildmitte), auf das er später in seinem Aufsatz „Von deutscher Baukunst“ (1772) einen emphatischen Prosahymnus singen wird.
Goethe: Abschiedsfeier auf dem Straßburger Muenster. (gemeinfrei)