Block-Künzler, Guido: Einmal Rügen und zurück – mit dem Rad rund um Mecklenburg-Vorpommern
1. Auflage, BoD 2012.
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
© Guido Block-Künzler. Alle Rechte vorbehalten
Umschlagphoto, Bilder und Gestaltung: Guido Block-Künzler
ISBN 978 384 821 0206
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Einmal Rügen und zurück – Inhalt
Prolog
"Bitte alle aussteigen!"
Rügen
"Nach Rügen reisen heißt, nach Saßnitz reisen."
(Theodor Fontane)
Über den Strelasund
"... die Form der Segeljachten aufnehmen."
Greifswalder Bodden
„Ich zündete die Stadt an.“ (Wolfgang Koeppen)
Usedom
„ … myne Fru de Ilsebill, will nich so, as ik wol will“ (Fritz Reuter)
Anklam
"Es kann und darf die Fliegekunst nicht für ewig dem Menschen versagt sein.“ (Otto Lilienthal)
Neubrandenburg
„Es war Sitte der alten teutschen Ritter…“
(Gottlob von Hacke)
Müritz Nationalpark Serrahn
„Dann werd ich lieber Schäfer.“ (Michel Succow)
Neustrelitz
Residenzstadt vom Reißbrett
Müritz
Morzce - das kleine Meer
Plau am See
"In diesem Haus ..."
Lübz
„Bitte ein Lübz!“
Schwerin
"Entfaltung einer nationalen Kultur ..."
Wissmar
"In Wismar mag von Anfang an einiger Wassermangel gewesen sein."
Kühlungsborn und Heiligendamm
„Heic te laetitia invitat post balnea sanum.“
Warnemünde
Wo der größte Teepott Deutschlands steht
Fischland
"Wo ich her bin ..." (Joachim Gauck)
Fischland, Darß, Zingst
„Und die langen Hälse gereckt zum berühmten Trompetenschrei des Grauen Kranichs!“ (Horst Stern)
Stralsund
"Witzlaw, von Gottes Gnaden Fürst der Ruianer."
Anhang
Für die Unersättlichen: Literatur über Mecklenburg-Vorpommern
Radfernwege in Mecklenburg-Vorpommern: ein Überblick
Genießen in Mecklenburg-Vorpommern: Mit dem Gaumen entdecken
Eine kurze Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns: Wie wurde, was ist
Fotonachweis, Bildkomentare
Einmal Rügen und zurück - Leseprobe
Prolog
"Bitte alle aussteigen!"
„Bitte alle aussteigen!“ knarrt es aus dem Bordlautsprecher. Oberleitungsschaden – so die offizielle Version. Der Flurfunk weiß es besser. Letzte Nacht ist der Bahn auf der Strecke von Bad Kleinen nach Rostock die Oberleitung abhandengekommen. Seit die Edelmetallpreise durch die Decke gegangen sind, ist das fast schon Alltag.
Bad Kleinen ist vor allem eines: klein. Dennoch schaffte es die Kleinstadt in die deutscheGeschichte. Hier starb das letzte Opfer der RAF, der sogenannten Rote Armee Fraktion, einer linksextremistischen terroristischen Vereinigung. Drei Jahre nach der politischen Wende trafen sich auf dem Bahnhof im Nirgendwo ein Terrorist, eine Terroristin, ein V-Mann des Verfassungsschutzes, achtunddreißig Beamte des Mobilen Einsatzkommandos vom Bundeskriminalamt, siebenunddreißig Beamte der GSG 9 und zweiundzwanzig weitere Beamte aus dem Fußvolk. Über das, was danngeschehen ist, gibt es bis heute wilde Spekulationen. Die Wirren um die Rekonstruktion des Hergangs beschäftigten lange die deutsche Öffentlichkeit. Tatsache ist: Der Polizist Michael Newrzella und der RAF-Terrorist Wolfgang Grams starben hier keines natürlichen Todes. Ermittelt wurde so schlampig, dass Raum für abenteuerliche Interpretationen blieb. Der Enthüllungsjournalist Wolfgang Leyendecker wollte nicht ausschließen, dass der Terrorist Wolfgang Grams von einem Polizisten der GSG 9 gezielt getötet wurde – eine abenteuerliche These. Immerhin: Ein Zeuge hatte dies behauptet. Vierzehn Jahre später ruderte Leyendecker einem Interview mit dem Deutschlandfunk zurück. Er habe die Aussage eines Polizisten überbewertet: „Ich hatte dieser Aussage eine zu große Bedeutung gegeben, sie zu wenig relativiert und das Ganze zu stark aufgeblasen. Dadurch entstand der Eindruck, dass das, was dieser Zeuge gesagt hat, auch korrekt gewesen sei. Das kann man so nicht behaupten.“ Diese Titelgeschichte sei für den SPIEGEL „in der Wirkung verheerend“ gewesen: „Eigentlich hätte ich auchgefeuert werden müssen.“
Noch vor sechs Jahren taugte die misslungene Festnahme eines Terroristen auf einem Provinzbahnhof noch für einen Roman, der die Literaturkritik beschäftigte. Der ostdeutsche Schriftsteller Christoph Hein stellte In seiner frühen Kindheit ein Garten die Ereignisseaus der Sicht der Familie eines fiktiven getöteten Terroristen dar. Auch wenn Hein ausdrücklich betonte, dass er seine Romanfiguren frei erfand: Die geschildertenEreignisse weisen starke Parallelen zum Fall Wolfgang Grams auf. DIE ZEIT kommentierte daher, Hein mache sich die These der RAF zu eigen, dass der Kampf der Terroristen „schmutzig war, weil der Staat schmutzig“ war. Dazu hat Herbert Marcuse vor langer Zeit bereits das letzte Wort gesagt: „Wenn politische Aktion willentlich zum Opfer von Unschuldigen führt, dann ist das genau der Punkt, wo politische Aktion, subjektiv politische Aktion, in Verbrechen umschlägt.“ Auf Deutsch: Es gibt keine Rechtfertigung für Terror.
Vielleicht, vermutete DIE ZEIT, habe Hein mit der einfachen Botschaft seines Buches, dass die BRD nicht der moralisch überlegene Staat war, als der er zu Wendezeiten bisweilen erschien, den in „post-sozialistischer Depression Versunkenen Trostspenden wollen“. Die Süddeutsche Zeitung urteilte gnadenloser: „Eine trockeneSprache ist keine Gewähr für die Wahrheit des Gesagten: Hein besichtigt die spätenTage der RAF und erfindet eine falsche Geschichte.“
Heute Abend stirbt hier nur die Geduld. Meine Geduld – und zwar mit der Deutschen Bundesbahn. Die hat nämlich offensichtlich keinen Notfallplan. Ich irre in der wogenden Menschenmasse umher. Vor dem Intercity nach Rostock steht ein einsamer Schaffner und versucht, in dem Chaos Überblick und Nerven zu behalten. Er nimmt mich mit – nicht ohne sich per Mobilfunk an höherer Stelle rückzuversichern. Im Zug treffe ich das Rentnerpaar aus dem Hamburger Regionalzug. Die haben mit der Souveränität der Silberrücken gar nicht erst gefragt. „Wir sind einfacheingestiegen. Sollen sie doch versuchen, uns rauszuwerfen!“ Ich entspanne mich. Am virtuellen Lagerfeuer tauschen wir Radlererfahrungen aus. „Den Ostseeradweg haben wir hinter uns – immer nur eine Tagesfahrt lang. Wir wohnen auf demflachen Land vor Rostock - seit der Rente.“ Sie sind aus dem Westen zugezogen, kommen aus Mainz. An den Rostocker Politikern lassen sie kein gutes Haar. Die seien korrupt und unfähig. Richtig integriert scheinen sie noch nicht zu sein. Da sind sie nicht die Einzigen. Die Spaßpartei DIE PARTEI fordert daher im Landtagswahlkampf 2011, der gerade seinen vorletzten Tag erlebt: „Ehemalige Altbundesbürger, die jetzt in Mecklenburg-Vorpommern leben, sollen durch geeignete Bildungsmaßnahmen oder spezielle Integrationsprojekte an das Leben in Mecklenburg-Vorpommern herangeführt werden. Die sogenannten Wessis sollen dadurch nicht mehr als solche erkannt werden und ein unbehelligtes Leben in unserem Land führen können.“
Unterdessen steht der Zug immer noch. Der Student vor uns ist sauer. Er kommt aus Frankfurt am Main. „Der verdammte Zug steht schon seit Stunden hier und wartet auf eine Diesellok!“ Zu unserer Gesprächsgruppe gesellt sich auch eine Studentin, die plötzlich kalkweiß anläuft. Hecktisch beginnt sie, ihre Handtasche von der Größe eines Seesacks zu durchsuchen. Ihr Smartphone ist abgängig. Stehen im Nirgendwo– und das ohne Facebook-Freunde. „Horrido!“ Keine Statusmeldungen, keine Uploads – ihre Freundinnen werden sich Sorgen machen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit fährt der Zug an. In Rostock lässt die Schaffnerin des Intercity nach Stralsund fünfe grade sein. Ich darf aufsitzen, obwohl meineFahrkarte nur für den Regionalverkehr gilt. Dort angekommen erwische ich den letzen Zug über den Rügen-Damm. In der tiefschwarzen Nacht zieht die Insel an mir vorüber. Das fühlt sich an wie Kindergeburtstag. Ungeduldig warte ich darauf, dass der Vorhang aufgeht. In Bergen heißt es dann erneut „Bitte alle aussteigen!“ Schlaftrunken hebe ich mein Rad aus dem Zug. Die wenigen Fahrgästewerden abgeholt. Etwas verloren stehe ich auf dem Bahnhofsvorplatz - wie ein einsames Robbenbaby am Strand von Binz. Es ist bereits deutlich nach Mitternacht. Nur wenige Kneipen sind noch offen. Torkelnd kommen mir zwei Jugendliche entgegen, Bierflaschen in der Hand. Sie beachten mich nicht. Hinter dem Marktplatz wird es still. Die Straße nach Binz führt durch einen dunklen Wald. Es geht hoch, runter, hoch – in kurzen Abständen. Das ist meine erste Begegnung mit den geomorphologischen Besonderheiten der Ostseeküste. Das Endmoränenrodeo wird mir noch viel Freude bereiten. Irgendwann biege ich links ab Richtung Küste. Dort liegt Prora, das unvollendete Ostseebad der Nazi-Organisation „Kraft durch Freude“. Inzwischen ist es weit nach Mitternacht. Die schmale Alleenstraße hat keinen Radweg. Nachdem mich der dritte Laster gegen die Leitplanke gedrückt hat, gebe ich auf. Als Roadkill will ich nicht enden. Auf dem Grünstreifen einer schmalen Seitenstraße schlage ich meine tragbare Höhle auf. Eine Regenfront naht.
Am nächsten Morgen brummt mir ein Geländefahrzeug die Ohren voll. Ich öffne einen Spalt. „Sparprogramm? Campingplatz kostet. Ganz schön mutig!“ bellt mir der Fahrer entgegen. Irritiert schaue ich ihn an. Wenn auf dieser Sonnenbank für Echsenmehr als eine Handvoll Fahrzeuge am Tag fahren, fresse ich einen Besen. Heute Morgen sitzt einer der Gattung Oberlehrer drin. Ein Lieferservice von Starbuckswäre mir lieber gewesen. Catweazles Urururenkel tut grad so, als ob ich mitten auf der Fahrbahn übernachtet hätte. Ich grüße freundlich – und er zieht weiter .Auch ich ziehe weiter. Es ist schon spät am Tag – und mein Freund Peter erwartet mich am frühen Nachmittag in Binz.
Grinsend kommt er mir am Bahnhof entgegen. Peters gute Laune ist ansteckend. Nach den Erlebnissen des Vortages ist sie Balsam für meine wunde Seele. Wir radeln entspannt zur Strandpromenade, binden unsere Esel fest und machen einen Strandspaziergang. Eigentlich ist die Prorer Wiek wunderschön. Nach Osten hin versperrt allerdings eine nicht unbedingt architekturpreisverdächtige Seebrücke die Sicht. Davon abgesehen präsentiert sich der nobelste Badeort auf Rügen, das „Nizza des Ostens“, über weite Strecken mit glanzvoller Bäderarchitektur. Ziergiebel, Türmchen und ziselierte Schmuckblenden bestimmen die Fassaden in der ersten Reihe. Eigentumswohnungen mit Ostseeblick kosten hier bis zu zehntausend Euro -pro Quadratmeter! Dennoch sind kaum noch Wohnungen zu haben. Der Immobilienmarkt ist beinahe leergefegt. Immer noch zweieinhalbtausend Euro kostet hier die Wohnungsmiete – pro Woche! Das ist selbst für Peters Geldbeutel zu viel. Ohnehin wollen wir nur über Nacht bleiben. Der Strand ist immerhin kostenlos. Dort gehen wir zwischen bussardgroßen Silbermöwen und befrackten Saatkrähen spazieren. Der Strand ist acht Kilometer lang. Richtung Prora nehmen wir doch lieber die Räder.
Mecklenburg-Vorpommern (MeckPomm) für Anfänger
Mecklenburg-Vorpommern ist als Teil des norddeutschenTieflands überwiegend flach mit nur wenigen Erhebungen und grenzt im Norden andie Ostsee sowie im Osten an Polen (78 km). Landeshauptstadt ist Schwerin. Das Land entstand 1945 als Zusammenschluss des historischen Landes Mecklenburg mit Vorpommern,dem nach dem Zweiten Weltkrieg bei Deutschland verbliebenen Teil der ehemaligenpreußischen Provinz Pommern. Nachdem es in der Deutschen Demokratischen Republik 1952 in drei Bezirke aufgeteilt worden war, wurde es nach der Neugründung im Jahr 1990 im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung ein Land der Bundesrepublik Deutschland.
Während Mecklenburg-Vorpommern unter den 16 Ländern in Deutschland das flächenmäßig sechstgrößte ist, haben lediglich das Saarland und Bremen weniger Einwohner als Mecklenburg-Vorpommern, das die geringste Einwohnerdichte aller Bundesländer aufweist. Die Besiedlung ist überwiegend durch Mittel- und Kleinstädte sowie eine dörfliche Struktur gekennzeichnet, die einzige Großstadt des Landes ist Rostock. Im Land befinden sich drei der 14 deutschen Nationalparks und damit mehr als in jedem anderen deutschen Bundesland. Tourismus ist eine der Haupteinnahmequellen. Vor allem die Inseln Usedom, Rügen und Hiddensee im Landesteil Vorpommern sind Schwerpunkte des Tourismus in Deutschland, ebensowie die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst und die mecklenburgischen Seebäder wie z.B. Heiligendamm, Graal-Müritz oder Kühlungsborn. Zudem sind die historischen Hansestädte Greifswald, Stralsund, Rostock und Wismar mit ihren bedeutenden Altstädten sowie die mecklenburgischen Residenzstädte Güstrow, Ludwigslust und Schwerin mit ihren Schlössern wichtige Anziehungspunkte. Für Naturliebhaber, Angler undWassersportler sind im Landesinneren die Mecklenburgische Seenplatte und der Nationalpark Müritz sowie entlang der Küste der Nationalpark Jasmund und der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft von Bedeutung. Des weiteren gibt es unzählige verschiedene Landschafts- und Naturschutzgebiete. Neben den mehr als zweitausend Gutshäusern und Schlössern in Mecklenburg-Vorpommern (z.B. Jagdschloss Granitz, Schweriner Schloss, Schloss Basedow), in denen zahlreiche kulturelleVeranstaltungen stattfinden, gibt es im ländlichen Raum viele weitere Sehenswürdigkeiten, wie historische Dorfkerne, Kirchen, Windmühlen, Zeugnisseder Slawenbesiedlung, Denkmäler und Aussichtspunkte. Rostocks Stadtteil Warnemünde ist mit über 200.000 Besuchern pro Jahr der zweitgrößte Kreuzfahrthafen in Deutschland nach Kiel. Die jeden Sommer in Warnemünde stattfindende Warnemünder Woche und die Hanse Sail ziehen jährlich ungefähr eine Million Touristen nach Rostock. Daneben hat sich die Müritz Sail in Waren (Müritz) als Veranstaltung auf dem Binnengewässer etabliert.
Seit der politischen Wende wurden im gesamten Land auch weite Teile zahlreicher Städte im Rahmen der Städtebauförderung umfassend saniert, so wurden z.B. die Historischen Altstädte Stralsund und Wismar 2002 in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.
(Quelle: WIKIPEDIA).
Quelle: WIKIPEDIA
Rund um Mecklenburg-Vorpommern
Ein Reisebericht mit kommentierten Bildern
Ich kam weit nach Mitternacht mit dem letzten Zug in Bergen auf Rügen an. Der Bahn war zwischenzeitlich hinter Bad Kleinen die Oberleitung abhanden gekommen. Mit viel Glück kam ich zumindest bis Bergen Bergen kann man wörtlich nehmen: flach ist die Insel nicht. Ich übernachtete jenseits der noch stark befahrenen Landstraße Richtung Prora und fuhr erst am nächsten Tag zum Ostseeheilbad Binz.
Auf dem Uferweg Richtung Prora.
Prora ist ein zwischen 1935 und 1939 geplantes und zum Teil auch errichtetes Seebad auf Rügen. Nach seiner Fertigstellung sollten hier durch die Organisation Kraft durch Freude (KdF) 20.000 Menschen gleichzeitig Urlaub machen können. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die Bauarbeiten jedoch eingestellt, so dass heute der Koloss von Prora den Kern des Komplexes bildet. Dies sind acht auf einer Länge von etwa 4,5 Kilometern entlang der Küste aneinandergereihte baugleiche Häuserblocks, die ursprünglich Gästehäuser werden sollten. Da die zukünftige Nutzung weiterhin ungeklärt ist, verfällt der denkmalgeschützte Komplex zusehends. Mein Freund Peter: „Deprimiert mich, weg hier!“
Auch ein Regierungsdirektor kommt einmal ohne Dorint aus, wenn er dem Ruf der Freundschaft folgt. Er begleitete mich die ersten beiden Tage auf Rügen.
Das tolle Bild vom Königsstuhl im Nationalpark Jasmund hat mein Freund Peter gemacht. Ich entspannte mich unterdessen unweit davon auf einer Bank.
Kaum war Peter weg, besserte sich das Wetter.
Die Stadt Putbus wurde 1810 von Wilhelm Malte I. Fürst zu Putbus gegründet, der seinen Heimatort im klassizistischen Stil so ausbauen ließ, dass das Stadtensemble zu Schloss und Park passte. Von den weißgestrichenen Häusern der Stadt leitet sich der Name Weiße Stadt her.
Hier erlebte ich zum ersten Mal die Ruhe, die vom Bodden ausgeht. Das Meer schwappte träge ans Ufer, die Schwäne wogten in den sanften Wellen. Lange währte diese friedliche Stimmung nicht.
Vor Garz perforierte ein Feldweg meinen Schlauch. Gleichzeitig verabschiedete sich meine Pumpe. Entlang der Landstraße wanderte ich mit meinem Rad nach Samtens. Am nächsten Tag nahm ich die Bahn nach Stralsund, wo ich in Bahnhofsnähe einen Radladen fand. Im nahen Park versuchte ich bei Nieselregen, den Schlauch zu flicken. Bei Loch Nummer zehn gingen mir die Flicken aus. Also gönnte ich meiner geschundenen Mähre einen neuen Schlauch. Sie dankte es mir nicht. Nach wenigen Kilometern quoll der neue Schlauch aus dem Reifen. Ein gnädiges Schicksal hatte uns zuvor in ein Gewerbegebiet geführt. Der Baumarkt hatte auch Reifen. Später blockierten noch zwei Kugellager. Da traf es sich gut, dass ich immer eine Dose Ölsardinen dabei habe. In naher Zukunft werde ich die Schindmähre wohl einschläfern lassen müssen.
Blick über den Strelasund auf Stralsund mit Rügenbrücke.
Der Ostseefernradweg Richtung Greifswald verläuft weitgehend über die alte Verbindungsstraße Das wunderschöne Kopfsteinplaster ging mir nach einiger Zeit ziemlich auf den Senkel.
Abendstimmung am Greifswalder Bodden.
Auslüften am Greifswalder Bodden.
Ostseeküste bei Lubmin.
Von Freese setzte ich mit der Personenfähre nach Peenemünde über. Bekannt wurde Peenemünde durch die Heeresversuchsanstalt und die Erprobungsstelle der Luftwaffe (1936 bis 1945). Auf den Raketenstartplätzen wurde insbesondere die erste funktionsfähige Großrakete Aggregat 4 (A4, Propagandaname: „V2“) vom Heer unter Leitung von Walter Dornberger und Wernher von Braun entwickelt und getestet. Sehr spät wurden die Briten auf das Projekt aufmerksam und versuchten, es mit der „Operation Hydra“ in der Nacht vom 17. zum 18. August 1943 zu zerstören. Der Bombenteppich der RAF verfehlte das Zielgebiet jedoch. Die Massenherstellung wurde nach dem Luftangriff schnell in unterirdische Produktionsstätten (zum Beispiel Mittelbau-Dora) verlegt. Mit Sprengköpfen bestückt, wurden mit ihr ab 6. September 1944 englische und belgische Städte bombardiert, vor allem London und Antwerpen von mobilen Startrampen aus: London nach offizieller Verlautbarung als Vergeltung für britische Bombenangriffe, Antwerpen wegen seines Hafens, der den Alliierten als Hauptanlandepunkt diente. Zwar war die Treffergenauigkeit gering, aber die plötzlichen Einschläge ohne Vorwarnunghatten vor allem psychologische Wirkung auf die Zivilbevölkerung, wenn wohl auch weniger als die der V1. Während es bei Angriffen der V1 noch Fliegeralarmg ab und jeder wusste, dass der Flugkörper sehr schwer abzufangen war, gab esbei der A4 wegen ihrer Überschallgeschwindigkeit nur die plötzliche Explosionund danach erst den Überschallknall. Insgesamt kamen etwa 3200 Raketen zum Einsatz. Insgesamt forderte der Einsatz der A4-Raketen mehr als 8000 Menschenleben, hauptsächlich Zivilisten. Die größte Zahl an Opfern auf einen Schlag war am 16.Dezember 1944 in Antwerpen zu beklagen, als eine A4 das vollbesetzte „Rex"-Kino traf und 567 Menschen tötete.
Ostsee-Radfernweg bei Karlshagen auf Usedom.
Am Strand bei Ückeritz auf Rügen machte ich mich über die frisch geräucherten Sprotten vom Freister Fischhus her. Lecker!
Nach einer bitterkalten Nacht weckte mich die Sonne ....
... und taute mich langsam auf.
Wo die Mücken herkamen, die mich am Abend zerstochen hatten, blieb nicht lange ein Geheimnis.
Die drei Kaiserbäder Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck ("Nizza des Ostens") hatte ich mir mondäner vorgestellt. Ganz hübsch fand ich allerdings die Seebrücke im Kaiserbad Ahlbeck.
Hinter Ahlbeck wurde die acht Kilometer lange Flanierpromenade der drei Kaiserbäder durch den Wald bis zum polnischen Świnoujście (deutsch Swinemünde) verlängert. An der Grenze bannte ich mich auf den Chip.
Świnoujście (polnische Woiwodschaft Westpommern) ist eine Stadt mit etwa 41.000 Einwohnern am Stettiner Haff. Świnoujście nimmt den östlichen etwa drei Kilometerbreiten Landstreifen der Insel Usedom (Uznam), der 1945 polnisches Staatsgebiet wurde, sowie den Westzipfel der Insel Wollin ein.Swinemünde war vor dem Zweiten Weltkrieg hinter Kühlungsborn und Kolberg das drittgrößte deutsche Ostseebad. Im Jahr 1826 wurden insgesamt 626 Badegäste gezählt, 1913 waren es bereits 40.247.
Von Peenemünde bis zum Schlossplatz auf der Spreeinsel in Berlin fuhr ich auf dem Radfernweg Berlin-Usedom (der hier identisch und nit dem Ostsee Fernradweg). In Anklam trennten sich unsere Wege.
Auf halbem Wege zwischen Berlin und der Insel Rügen liegt Neubrandenburg - Halbzeit auch für mich. Wegen der vier erhaltenen Stadttore trägt Neubrandenburg den Beinamen „Stadt der vier Tore“ oder „Vier-Tore-Stadt“. Ich fuhr über das östliche Tor in die Innenstadt ein. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die ursprüngliche, überwiegend aus dem 18. Jahrhundert stammende Bausubstanz der Altstadt durch systematische Brandlegung durch die Rote Armee zu mehr als 80 Prozent zerstört. Dem Großbrand Ende April 1945 fielen sämtliche öffentlichen Gebäude der Altstadt und der überwiegende Teil der Wohn- und Geschäftshäuser innerhalb der Stadtmauer zum Opfer.
Auf dem Radfernweg Mecklenburger Seenplatte fuhr ich weiter. Der Weg führte mich am Westufer des Tollensees entlang. Das während der letzten Eiszeitentstandene Gewässer leitet sich vom slawischen „dolenzia“ = Talniederung,„dol“ oder „dolina“ = Tal her. Der 205 km lange Radfernweg führt von Carwitz über Neubrandenburg und Neustrelitz nach Waren/Müritz.
Der Radfernweg Mecklenburger Seenplatte führte mich über Alt-Rhese….
…… und den Naturpark Feldberger Seenlandschaft, den 1990 gegründeten Müritz-Nationalpark (Teilgebiet Serrahn) nach Neustrelitz.
Das Wasser des Fürstensees bei Neustrelitz am Rande des östlichen Müritz Nationalparks soll eines der saubersten Gewässer in Deutschland sein, erzählte mir der ältere Herr aus Neustrelitz, der heute in Karelien lebt und im Winter Löcher ins Eis hackt, wenn ihm nach baden ist. Im bundesdeutschen Sommer war das nicht erforderlich, auch wenn die Temperaturen oft arg herbstlich waren.
In Neustrelitz soff ich im nächtlichen Dauerregen ab. Nichts war mehr trocken.
Mit nassen Klamotten strampelte ich durch den nassen Nationalpark. - nunmehr den westlichen (wesentlich größeren) Teil. Im Müritz-Nationalpark liegen 100 Seen und unzählige kleinere Stillgewässer. Die Müritz – an deren Westufer ich am nächsten Tag entlangfuhr - ist mit einer Fläche von 117 Quadratkilometern ist das größte Gewässer, das vollständig innerhalb Deutschlands liegt.
Am Rand des Nationalparks – auf der Route der Radfernwege „Mecklenburgische Seenplatte“ und „Berlin-Kopenhagen“ – stellte ich mich in einem Wartehäuschen vor dem Regen unter. Als die Regenschauer in Dauerregen übergingen, hängte ich meine nasse Ausrüstung dort auf, öffnete den Chianti, den Peter mir auf Usedom vermacht hatte, machte mich über den Munsterkäse her und schaute dem Regen beim regnen zu. Morgens kurz vor sieben weckte mich der erste Bus. Keiner der 31 Einwohner fuhr mit.
Hinter dem Müritz-Nationalpark erreichte ich Ankershagen. In dem kleinen mecklenburgischen Dorf verlebte der Trojaausgräber Heinrich Schliemann seine Kindheit. Geboren wurde er allerdings im Januar 1822 in Neubukow bei Wismar. Vor dem Heinrich-Schliemann-Museum - dem einstigen Elternhaus Schliemanns - steht eine Nachbildung des Trojanischen Pferdes.
Am Müritzsee erfreute mich ein weiteres Holzgebilde: Erfreulicherweise hatten Philanthropen mir an dieser Badestelle ein hölzernes - im Gegensatz zu meiner tragbaren Höhle zudem wasserdichtes - Zelt aufgestellt.
Vor Plau am See traute ich dem Radfernweg nicht. Die Alternative brachte mich vom Regen in die Traufe. Red Bull gehörte ebenso wenig zu meiner Notfallausrüstung wie ein aufblasbares Luftkissenboot. Also gönnte ich mir eine Schlammpackung. Die hielt wenigstens die Mücken davon ab, meine Füße zu malträtieren..
Plau am See ist eine Mogelpackung. Die Stadt liegt einen Kilometer landeinwärts am Ausgang der Müritz-Elde-Wasserstraße aus dem Plauer See. Das hügelige Gebiet um Plau ist durch die letzte Eiszeit vor 20.000 Jahren geformt worden und erreicht 109,3 m ü.NHN bei Gaarz den höchsten Punkt, während der Spiegel des Plauer Sees auf 62 m ü. NN liegt.
„Der Heimat verpflichtet. NPD.“ Auch hier – wie im ganzen Land – waren die Straßen gesäumt von Nazipropaganda. Der Wahlkampf war zwar vorbei, doch die NPD dachte nicht daran, sie abzuräumen. Einige Bewohner ergriffen Eigeninitiative. Das übelste Plakat sah ich später in Berlin (auch dort war Wahlkampf) in Wurfweite zum Eingang der Gedenkstätte Wannsee-Konferenz: „Gas geben!“
Das Pilz aus Lübz ist Nationalgetränk in Mecklenburg-Vorpommern.
"Todesmarsch 1945": Einer der vielen Gedenkstein an der Bundesstraße nach Schwerin. Als Todesmarsch von KZ-Häftlingen werden verschiedene „Räumungsaktionen“ der SS-Wachmannschaften in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs bezeichnet. Dabei löste die SS ab 1944 frontnahe Konzentrationslager,so auch z. B. das berüchtigte Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, auf und zwang die meisten KZ-Häftlinge zum Abmarsch in Richtung Reichsmitte oder sperrte sie zum Abtransport in Eisenbahnwagen ein. Sehr oft wurden nichtmarschfähige Häftlinge in großer Zahl erschossen. Viele Lagerteile wurden vond er SS in Brand gesetzt. Zahlreiche KZ-Häftlinge überlebten die tage- und wochenlang dauernden Märsche bzw. Transporte nicht: Sie erfroren, verhungerten oder brachen geschwächt zusammen und wurden dann von den SS-Wachmannschaftenerschossen. Einzelne Züge gerieten zufällig unter Beschuss durch im Bodenkampfeingesetzte Kampfflieger der alliierten Truppen, andere blieben unversorgt auf Ausweichstrecken liegen; manche Todesmärsche endeten mit einer Katastrophe wieder Versenkung der Cap Arcona oder in einem Massaker wie bei der Isenschnibber Feldscheune. An vielen Orten, besonders in Ostdeutschland, sind Stellen, an denen Menschen auf Todesmärschen starben, auf den Straßen mit Gedenksteinen markiert.
Vom KZ Sachsenhausen und KZ Ravensbrück nach Raben Steinfeld südlich von Schwerin wurden 16.000 Menschen geschickt. Entlang der Hauptrouten sind seit 1976 200 Gedenktafeln angebracht. Die DDR eröffnete im Belower Wald, wo Tausende von Häftlingen gelagert hatten und wo Hunderte von Toten verscharrt sind, 1981 ein Museum zu den Todesmärschen. Im September 2002 wurde ein Brandanschlag auf das Museum verübt und Nazisymbole und antisemitische Parolen angebracht.
Den Schweriner See erreichte ich in der Dämmerung. Am nächsten Morgen bot sich mir dieses beinahe unwirkliche Bild. Der See ist fast fünfundzwanzig Kilometer lang und bis zu sechs Kilometer breit - mit einer Fläche von über sechzig Qadratkilometern. Damit ist er der viertgrößte deutschen See. Seenmäßig gehört MeckPomm ins Guiness-Buch!
MeckPomm kann aber auch klein. Als ich in der kleinsten deutschen Landeshauptstadt ankam,riss die Wolkendecke endgültig auf. Wahrzeichen der Stadt ist das Schweriner Schloss. Es war bis 1918 eine Hauptresidenz der mecklenburgischen Herzöge und Großherzöge und ist seit 1990 Sitz des Landtages.
Zum zweiten Mal auf meiner Tour strandete ich in Bad Kleinen. Das wurde langsam zur Gewohnheit. Diesmal war die Ursache schlicht das Wetter. es stürmte und ergiebige Regenschauer waren angedroht. Auch diesmal hatte ich Gesellschaft. Dem Ureinwohner (Lieblingsthema: "Ihr Wessis, wir Ossis!") kochte ich zum Abschied einen Kaffee. Ohne Schlafsack hätte er sich den Bibbes geholt – wie wir Hessen sagen. Am frühen Morgen kam er erneut vorbei und erklärte mir akribisch den kürzesten Weg nach Wismar. Danke.
Der Radweg nach Wismar war angenehm zu fahren. In der Altstadt – insbesondere dem hundert Quadratmeter großen Marktplatz - hatten sich gegen Mittag die Senioren der gesamten Republik versammelt. Kein Wunder. Er ist das Schmuckstück der Hansestadt, die zusammen mit der von Stralsund unter der Bezeichnung Historische Altstädte Stralsund und Wismar in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde.
Hinter Wismar verkroch ich mich früh am Nachmittag in einer Schutzhütte und nutzte die so gewonnene Musezeit, um mich bei meinem Freund Uli zu melden. Der frühe Stop war eine kluge Entscheidung, wie die Nacht zeigen sollte. Die nächste Schutzhütte war weit entfernt - was ich am nächsten Tag feststellen sollte. Eine Gruppe Schweizer Radferntouristen hatte die gleiche Idee. Platz wäre noch gewesen – aber sie zogen weiter. Später überholten wir uns noch oft gegenseitig. Erst an der Berliner Stadtgrenze bei Heringsdorf (siehe „Rund um Berlin“) trennten sich unsere Wege endgültig.
In der Küstenlandschaft Salzhaff fuhr ich an dieser restaurierten Mühle natürlich nicht achtlos vorbei, sonder knipste die Schönheit, bis die Speicherkarte glühte.
Der namensgebende „Heilige Damm“ in Heiligendamm ist für RadfahrerInnen tabu. Ohnehin hängt man sehr bald im Sand fest. Heiligendamm ist der älteste Seebadeort Deutschlands und wird aufgrund der von der See aus sichtbaren weißen Häuserreihe in Strandnähe auch die „Weiße Stadt am Meer“ genannt. Einige Häuser sind allerdings nicht mehr ganz so weiß – deutlich in die Jahre gekommen. Es wurde im Jahre 1793 durch den mecklenburgischen Herzog Friedrich Franz I.gegründet. Das erste Badehaus wurde hier am 21. September desselben Jahres eröffnet. Im 19. und 20.Jahrhundert war das Bad stark vom europäischen Hochadel geprägt, auch einzelne Mitglieder der weitverzweigten russischen Zarenfamilie zählten angeblich zu den Gästen.
Hinter Heiligendamm führt der Ostsee-Radfernweg durch diesen Zauberwald, der bis zum Strand reicht.
Kurz vor Warnemünde fand ich diesen Strand hinter den Dünen. Ein Bach mündet hier ins Meer. Süßwasser! Ich nutzte die Gelegenheit zur Katzenwäsche und machte mich halbwegs stadtfein.
In Warnemünde fand ich die Strandpromenade angesichts der frischen Temperaturen Ende September überdurchschnittlich gut besucht. Mit einem hundertfünfzig Meter breiten Sandstrand verfügt das Seebad von Rostock über den breitesten Sandstrand der deutschen Ostseeküste. Um sowas zu finden, muß man auch auf Fuerteventura lange Wege fahren. 1897 erhielt Warnemünde seinen fast vierzig Meter hohen Leuchtturm. Direkt daneben liegt der sogenannte Teepott, den derArchitekt Ulrich Müther 1965 entwarf. Er fällt durch sein muschelförmiges Betondach auf. Nach langem Leerstand wurde er vor knapp zehn Jahren renoviert und beherbergt heute mehrere Restaurants. Auch der real nicht funktionierende Sozialismus hatte hervorragende Architekten. Dies gestehe ich hiermit in aller Öffentlichkeit meinem namenlosen Zechkumpanen aus Bad Kleinen ein (genauer gesagt wohnt er in einem Dorf nebenan, das er liebt - was ich verstehen kann).
Viel Wald und ein langer Sandstrand: das Ostseeheilbad Graal-Müritz ist etwas für Naturliebhaber. Das aufgeregte Leben findet andernorts statt. Der Strand war bei Sonnenuntergang fast menschenleer.
Als die Sonne nach einer bitterkalten Nacht endlich aufging, war er menschenleer. Es war so kalt, dass sich selbst die üblichen Verdächtigen (Jogger; Gassigeher) so früh nicht von ihrer Zentralheizung trennen wollten. Den Möven machten die gefühlt arktischen Temperaturen nichts aus. Sie schwappten gemütlich im Uferbereich und ignorierten mich.
Die Sonne wärmte mich. Lange vor dem Ostseebad Ahrenshoop hatte ich die Kälte der Nacht überwunden und war schon insoweit zu menschlichen Kontakten fähig, dass ich für meine Mutter ein Glas Sanddornmarmelade direkt von der Erzeugerin kaufen konnte. Sanddorn wächst prächtig in MeckPomm. Sogar Wein machen sie aus der "Zitrone des Nordens". Der soll allerdings sehr gewöhnungsbedürftig sein.
Ahrenshoop liegt auf der Halbinselkette Fischland-Darß-Zingstam Übergang vom Fischland zum Darß. Der namensgebende Ortsteil Ahrenshoop liegt in Vorpommern, die Ortsteile Althagen und Niehagen liegen in Mecklenburg. Ende des 19. Jahrhunderts gründeten die Maler Paul Müller-Kaempff, Fritz Grebe, Thuro Balzer, Friedrich Wachenhusen, Oskar Frenzel und Theobald Schorn eine Künstlerkolonie und Malschule in Ahrenshoop. Zu der Kolonie gehörten auch Louis Douzette, Elisabeth von Eicken, Hugo Müller-Lefensdorf, Anna Gerresheim, Carl Rathjen, Doris am Ende, César Klein und Dora Koch-Stetter. Seit dieser Zeit ist der Ort ein Touristenmagnet. Mehr mag ich zu ihm nicht sagen. Wer heute - es war mal anders - nicht dort gewesen ist, dem fehlt kein Bild in seiner inneren Landschaft. Immer mehr Pfeffersäcke siedeln hier.
In Ahrenshoop fand gerade das traditionelle Rennen der Zeesenboote statt. Das sind meist 10 Meter lange, breitrumpfige Segelboote, die für die relativ geschützten, flachen Bodden-Gewässer geeignet sind. Heute werden sie überwiegend als Freizeitsegelboote genutzt. Vor meiner Schutzhütte in Wieck defilierte ein Teil von ihnen danach (brummend) an mir vorbei.
An einem See kurz vor Stralsund verbrachte ich meinen letzten Abend in Mecklenburg-Vorpommern. Der Unterstand war nicht wirklich wasserdicht. Am nächsten Tag hängte ich meine Ausrüstung in die Sonne.
Nach einem längeren Sitzbad - es war immerhin bereits Frühherbst - fuhr ich nach Stralsund, dem Tor zu Rügen. Mir reichte es. Ich setzte mich dort in den Zug nach Neustrelitz und fuhr mit dem Rad weiter nach Berlin (siehe "Einmal Wannsee und zurück - mit dem Rad auf dem Mauerweg rund um Berlin (West)".
Radfernwege in Mecklenburg-Vorpommern
Ein Überblick
Ostseeküstenradweg/Radweg Grünes Band
Hinter Travemünde überquert der Radklassiker die Landesgrenze zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Ab der Halbinsel Priwall (in der Travemündung) verlaufen der Ostseeküstenradweg und der Radweg Grünes Band Deutschland bis zur polnischen Grenze auf derselben Strecke. Ich bin den Radweg von Wismar über das Ostseebad Rerik, Warnemünde, den Darß nach Stralsund gefahren – und zu Beginn meiner Tour von Bergen, Sassnitz, das Ostseebad Binz, Puttbus, Stralsund, Greifswald, Lubmin nach Usedom bis zur polnischen Grenze hinter Ahlbeck.
http://radreise-wiki.de/Ostseeküstenradweg.
Radfernweg Mecklenburger Seenplatte
Der Fernradweg verbindet Wolgast auf einer 640 Kilometer langen Strecke mit Lüneburg. Ich bin Teilstrecken von der polnischen Grenze auf Usedom über Neubrandenburg, Neustrelitz, Waren (Müritz), Plau am See nach Parchim gefahren.
http://radreise-wiki.de/Mecklenburgischer_Seen_Radweg.
Berlin – Usedom - Radweg
Der Fernradweg (vom Schlossplatz in Berlin insgesamt 295 Kilometer) endet an der polnischen Grenze in Ahlbeck (wo er Anschluss an den Ostseeküstenradweg/Radweg Grünes Band Richtung Schleswig-Holstein hat. Über die Kleinstadt Usedom, Anklam, Ueckermünde führt er über Prenzlau (bereits Brandenburg) nach Berlin.
http://radreise-wiki.de/Berlin-Usedom
Radfernweg Berlin–Kopenhagen
Der Radfernweg verbindet die dänische und die deutsche Hauptstadt auf einer Gesamtlänge von 630 km. Er ist Teil der EuroVelo-Route 7 vom Nordkap nach Malta und zugleich Bestandteil der D-Route 11 - Alpen - Ostsee. In Mecklenburg-Vorpommern verläuft ein Abstechernach Neustrelitz durch den Müritz-Nationalpark nach Waren (Müritz). Dieser Abschnitt war Teil meiner Route. Die Route führt weiter nach Krakow am See,Güstrow, Bützow, Schwaan zum Überseehafen von Rostock.
http://radreise-wiki.de/Berlin-Kopenhagen
Radfernweg Hamburg-Rügen
Der Radfernweg führt auf Umwegen, teilweise geradezu im Zickzack, in einer Länge von rund 520 Kilometern von der Hansestadt Hamburg zur größten Insel Deutschlands, nach Rügen. Das ist etwa doppelt so weit wie die direktere Fahrstrecke. Es geht auf kleinen und mittleren, also gut zum Radfahren geeigneten Straßen von Hamburg nach Putbus und Sassnitz auf der Insel Rügen.
www.wikivoyage.org/de/Thema:Radfernweg_Hamburg-Rügen
Radfernweg Elbe-Ostsee
Der Radfernweg führt auf 135 km von der alten Festungsstadt Dömitz an der Elbe durch Heidelandschaften in das Barockstädtchen Ludwigslust auf der Route des Mecklenburgischen Seenradwegs, den sie in Friedrichsmoor (Neustadt-Glewe) verlässt. Ab hier führt die Strecke relativ geradlinig nach Schwerin, am gleichnamigen See entlang und von Bad Kleinen zur Hansestadt Wissmar. Hier besteht die Möglichkeit, auf dem Ostseeküstenradweg in westlicher- oder östlicher Richtung weiterzuradeln.
www.fluss-radwege.de/index.php?radweg=elbe-ostsee-radweg.
Oderhaffrundweg
Der Radweg umrundet das Stettiner Haff. Zwischen Wolin und Stettin soll er eher zum Abenteuertrip geraten: „Der Höhepunkt ist ein Abschnitt durch die menschenleere Haff-Niederung, wo beinahe metertiefe Spalten zwischen maroden Betonplatten den Weg zieren.“
http://roadreport.de/2009/10/27/roadreport-der-oderhaff-rundweg
Eiszeitroute Mecklenburgische Seenplatte
Der Radweg lässt euch die Hinterlassenschaftender letzten Eiszeit auf 666 km erfahren. Informative Schautafeln, interessante Findlingsgärten, Museen und Lehrpfade entlang der Radroute helfen, die Entwicklung der einmaligen Eiszeitlandschaft zu verstehen. Die Eiszeitroute besteht aus einem über 400 km langen Außenring, der von Feldberg über Fürstenberg/Havel nach Röbel/Müritz, die Hansestadt Demmin über Schwichtenberg zurück nach Feldberg führt.
www.eiszeitroute.com
Radwege auf Rügen
Die hervorragende Website von Josef Renger (amtlich anerkannter Reiseleiter für den Landkreis Rügen) lässt keine Fragen offen.
www.radfahren-auf-ruegen.de
Web-Links für Radwanderer in Mecklenburg-Vorpommern
Bücher für Radwanderer über Mecklenburg-Vorpommern
Aschenbeck, Nils: Rügen– eine Insel neu entdecken.
Touren zu Kunst und Kultur, zu Architektur und Geschichte.
2008 (Aschenbeck Media).
Baier, Ingeburg: Mein Plau am See – wie ich es erlebte.
Rostock 2004 (Koch).
Bauer, Hans Ulrich: Usedom– Badegäste mit Anzug und Weste.
Usedom 2006 (Igel Inselgeschichte).
Bawar, André: Wismarbucht.
Krimi. Köln 2010 (Emons).
Becht, Sabine / Talaron, Sven: Mecklenburg-Vorpommern.
Erlangen 2010 (Michael Müller-Verlag).
Bikeline: Ostseeküsten-Radweg2. Von Lübeck nach Ahlbeck-Usedom.
Mit Rügen.
Rodingersdorf/Österreich (Verlag Esterbauer).
Bock, Sabine: Gutsanlagen und Herrenhäuser. Betrachtungen zu den
historischen Kulturlandschaften Mecklenburg und Vorpommern.
Schwerin1996 (Hrsg.: Landeszentrale für politische Bildung
Mecklenburg-Vorpommern).
Borcherding-Witzke, Ruth / Hinzmann,Silvija (Hrsg.): Tödliches von Haff und Hering:Küchen- und Kombüsenkrimis von der Ostseeküste.
Halle (Saale) 2008 (Mitteldeutscher Verlag).
Ducke, Isa / Thoma, Natascha: MecklenburgischeSeenplatte.
Köln 2011 (DuMont Reiseverlag).
Einfeldt, Thomas: Störtebekers Gold. Ein Roman aus der Hansezeit.
München 2002 (Piper Verlag).
Eisfeld, Rainer: Mondsüchtig. Wernher von Braun und die Geburt der
Raumfahrt aus dem Geist der Barbarei. Reinbek 2000 (Rowohlt).
Feldmann, Christine: Die letzten Paradiese Norddeutschlands.
Der Wegweiser zu den Natur- undNationalparks in Niedersachsen,
Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
München 2009 (Bruckmann).
Fret, Rosemarie: Sehwege auf Usedom.
2009 (Projekte-Verlag Cornelius).
Gauck, Joachim: Winter im Sommer – Frühling im Herbst: Erinnerungen. München 2009 (Siedler Verlag).
Gerhard, Oliver: Rügen, Usedom, Hiddensee – Inseln im Wind.
Köln 2011 (DuMont Reiseverlag).
Handwerg, Michael: Die slawischen Götter in Pommern und Rügen.
Elmenhorst 2010 (Edition Pommern).
Hanke, Birgid: Reformer, Demokrat, Schriftsteller. Auf Fritz Reuters Spuren.
Hamburg 2010 (Ellert & Richter Verlag).
Hardenberg, Harry: Stralsund 1960 – 1992.
Friedland 2009 (Steffen).
Harms, Karin: Entlang der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns.
2006 (Fleischhauer und Spohn).
Herzig, Tina / Herzig, Horst /Luthardt, Ernst-Otto: Reise durch Mecklenburg-Vorpommern.
Würzburg2006 (Stürtz).
Höh, Peter: Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommern.
Bielefeld 2011 (Reise-Know-How-Verlag).
Höh, Peter: Rügen und Hiddensee.
Bielefeld 2009 (Reise-Know-How-Verlag).
Höh, Peter: Usedom.
Bielefeld 2008 (Reise-Know-How-Verlag).
Höhne, Ernst: Rote Brause. Schwerin 1954 – 94.
Friedland 2009 (Steffen).
Hückstädt, Arnold: Auf Fritz Reuters Spuren in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Wegweiser zu Erinnerungsstätten.
Rostock 2006 (Hinstorff).
Jung, Georg: Das große Rügen-Buch.
Hamburg 2009 (Ellert & Richter).
Karge, Wolf / Stutz, Reno: Illustrierte Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns.
Rostock 2008 (Hinstorff).
Karr, H. P.: Endstation Ostsee. Kurzkrimis von Rostock bis Heringsdorf.
Hillesheim 2009 (Kbv).
Knobloch, Peter / Grünke, Lutz: Rügen schmeckt. Rezepte von Peter Knobloch.
Rügen 2004 (Rügendruck).
Köpke, Thomas: Das Müritz-Kochbuch. Zwischen Gasthaus und Fischernetz.
2007(Edition Limosa).
Koeppen, Wolfgang: Jugend.
Frankfurt 1976 (Suhrkamp Verlag).
Klier,Freya: Die DDR-Deutschen und die Fremden.
Essays. Selbstverlag.
Klook, Astrid / Pagels, Manuela: Schwerin.
Rostock 2008 (Hinstorff).
Kolberg, Melitta / Schuppe, Ingrid: Usedom, Bilder einer Landschaft.
Hamburg 2009 (Scholz Fachverlag).
Kreber, Dietlind (Hrsg.): Mörderische Ostseegerichte.
Hillesheim2009 (Kbv).
Lier, Sylke / Rümmler, Achim: Die schönsten Routen durch die Mecklenburgische Seenplatte.
Bielefeld 2011 (Reise Know-How-Verlag Rump).
North, Michael: Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns.
München 2008 (C.H.BECK).
Petri, Christiane: MecklenburgischeSeenplatte.
Köln 2011 (DuMont Reiseverlag).
Pohlmann, Friederike: Hotel der Spione: Das „Neptun“ in Warnemünde.
Schwerin 2009 (Landesbeauftragte f. Mecklenburg-Vorpommern f. d. Unterlagen d.Staatssicherheitsdienstes d. ehemaligen DDR; 3. Aufl.).
Rahming, Dörte: Aufgewachsen in Rostock in den 60er und 70er Jahren.
Gudensberg-Gleichen 2008 (Wartberg).
Reich, Christian: Mecklenburg-Vorpommern:per Rad in 9 Etappen durch Nationalparks und Naturschutzgebiete.
Welver 2009 (Verlag Stein Conrad).
Rellstab, Johann Carl Friedrich /Griep, Wolfgang: Ausflucht nach der Insel Rügen durch Mecklenburg und Pommern.
Nach der Ausgabe Berlin 1797. Bremen 2008 (Edition Themmen).
Reuter, Fritz: Dörchläuchting.
1866. Neuauflage: Rostock 1994 (Hinstorff).
Richter, Egon: Ahlbeck, Heringsdorf, Bansin. Die Usedomer Kaiserbäder.
Schwerin2005 (Demmler).
Richter, Hans Werner: Geschichten aus Bansin.
Berlin 2008 (Wagenbach).
Ritzerow, Frieda: Mecklenburgisches Kochbuch. Ein Rathgeber für Alle, welche der Kochkunst beflissen sind, speciell für Mecklenburgische Hausfrauen und Solche, die es werden wollen.
Rostock1868 (Reprint: Hinstorff’sche Verlagsbuchhandlung).
Rossing, Norbert: Wildes Mecklenburg-Vorpommern. Bilder einzigartiger Naturschätze.
Hamburg 2010 (National Geographic).
Rostock, Jürgen / Zadniček, Franz: Paradiesruinen – Das KdF-Seebad der Zwanzigtausend auf Rügen. Berlin 2008 (Ch. Links Verlag).
Runge, Philipp Otto: Von dem Fischer un syner Fru. Ein Märchen von mit sieben kolorierten Bildern von Marcus Behmer (Plattdeutsch). Mit einer Nacherzählung und einem Nachwort von Uwe Johnson.
Frankfurt 1987 (Insel Verlag).
Rusch, Claudia: Mein Rügen.
Hamburg 2010 (Mareverlag).
Die Autorin ist auf Rügen aufgewachsen.
Schleinert, Dirk: Die Geschichte der Insel Usedom.
Rostock2005 (Hinstorff).
Schneidereit, Gerhard M.: Dunkler Wald und weites Meer – Einhundert Jahre Malerei auf dem Darß.
Fischerhude2010 (Verlag Atelier im Bauernhaus).
Siegmund, Bernd / Grundner, Thomas: Rügen.
Rostock 2006 (Hinstorff).
Siegmund, Bernd: Fischland, Darß, Zingst.
Rostock 2005 (Hinstorff).
Sietz, Henning: Fischland, Darß, Zingst und die Boddenküste entdecken.
Bremen 2010 (Edition Temmen).
Sindermann, Jürgen: Rote Brause. Rostock 1967-1990.
Friedland 2009 (Steffen).
Stutz, Reno / Volster, Hanjo: Wismar. Ein Portrait.
Bremen 2009 (Edition Temmen).
Schalansky, Judith: Der Hals der Giraffe. Bildungsroman.
Berlin 2011 (Suhrkamp Verlag).
Schümann, Matthias (Texte) / Mnich,Rainer (Bilder): Kunstwege. Spaziergänge durch Rostock undWarnemünde.
Rostock 2006 (Hinstorff).
Schümann, Matthias (Texte) / Gohlke, Danny (Bilder): Einsatzort Wanderweg – mit Axel Prahl und Jan Josef Liefers durch Mecklenburg-Vorpommern. Rostock 2011 (Hinstorff).www.einsatzort-mv.de.
Seydel,Renate (Hrsg.): Hiddensse.Geschichte von Land und Leuten.
Sammlung kurzer literarischer Texte zur Insel.
München2000 (Ullstein).
Tetschke, Holger: Rügenund Hiddensee.
Mit Aufnahmen von Karsten Bartel.
Köln 2008 (Kiepenheuer & Witsch).
Tremmen, Robert (Texte) / Drühl,Christin (Photos): Universitäts- und Hansestadt Greifswald.
Rostock2006 (Hinstorff).
Verband Deutscher Naturparke e.V.(Hrsg.): Natur erleben – Mecklenburg-Vorpommern.Erlebnisführer Naturlandschaften.
Essen 2011(Klartext Verlagsgesellschaft).
Vitense, Birgit / Hoffmann, Katrin /Larisch, Harald: Rügen-Kochbuch. Geschichten und Rezepte von Rügenund Hiddensee.
2011(Strandläufer-Verlag).
Weber, Gerhard (Hrsg.): Kempowskis Rostock. Eine Spurensuche in Texten und historischen Aufnahmen.
Rostock2011 (Hinstorff).
Wiechmann, Ralf / Breuer, Günter /Postel, Rainer: Klaus Störtebeker - Ein Mythos wird entschlüsselt.
München2003 (Finck).
Williams, Jenny: Mehr Leben als eins. Hans Fallada.
Berlin 2004 (Aufbau Verlag).
Wermusch,Günter / Goldmann, Klaus: Vineta. Die Wiederentdeckung einer versunkenen Stadt.
Bergisch Gladbach 1999 (Lübbe).
Genießen in Mecklenburg-Vorpommern: Mit dem Gaumen entdecken
Kulinarische Tipps für Radwanderer
Das, was wir heute mecklenburgische Küche nennen, kommt aus den rußgeschwärzten Kochnischen der armen Leute und nicht aus den großen Guts- und Schlossküchen. Dort musste man mit dem auskommen, was der karge Acker, der kleine Garten sowie Wald und See hergaben. So entstanden Rezepte, die aus bodenständigen Grundzutaten eine nahrhafte, wohlschmeckende, einfache Kost ergaben. Carl Julius Weber berichtete im 18. Jahrhundert über die Essgewohnheiten der Mecklenburger: „Das Volk lebt meist von Kartoffeln, von dürrem Obst, von Weißkraut, Rüben und Pferdebohnen.“ Da große Teile Mecklenburg - Vorpommerns immer wieder zu Schweden gehörten, macht sich auch ein gewisser Einfluss der schwedischen Küche bemerkbar. In den Hansestädten wie Rostock, Stralsund oder Wismar brachten die Seefahrer und Händler auch bis dahin unbekannte Zutaten und Gewürze mit, die nach und nach Einzug in die Küchen Reichen hielten. Traditionelle deutsche Gerichte sind nur selten scharf - auch die in Mecklenburg-Vorpommern sind es nicht. Pfeffer, Paprika und Chili waren lange Zeit als Importware unerreichbar teuer für die Landbevölkerung. Die traditionellen Würzmittel sind daher auch in Mecklenburg-Vorpommern Petersilie, Lorbeer, Liebstöckel, Dill, Schnittlauch, Wacholderbeeren und Kümmel. Die Gerichte fallen oft süß-sauer aus. Man gibt vorzugsweise Äpfel und Pflaumen bei.
Frieda Ritzerow ist bis heute die absolute Referenz für originäre Mecklenburger Küche. Ihr Mecklenburgisches Kochbuch. Ein Rathgeber für Alle, welche der Kochkunst beflissen sind, speciell für Mecklenburgische Hausfrauen und Solche, die es werden wollen erschien 1868 erstmals. Ihre Version des Mecklenburger Rippenbratens: Rippenfleisch (Schweinebauch mit Deckfleisch der Rippen) und als Füllung Boskoop-Äpfel, Backpflaumen, Zimt, braunen Rum und Zwieback. Als Beilage empfiehlt sie Kartoffeln oder Klöße und Rotkohl. In den vornehmlich bäuerlich geprägten Regionen Mecklenburgs wurde es meist in den Wintermonaten zubereitet.
Da Mecklenburg- Vorpommern über ausgedehnte Wälder verfügt, gibt es viel Wild und auchreichlich Pilze. Im Herbst und Winter isst man hier Grünkohl - oft auch mit Rosinen zubereitet. Im Frühjahr bedecken gelbe Rapsfelder bis zum Horizont das Land. Rapsöl wird daher häufig verwendet. Eine besonders bedeutsame Rolle spielen die Tüften – Kartoffeln. Landestypisch sind Buttermilchkartoffeln. Das Gericht war ein Essen der Tagelöhner und Leibeigenen. Es ist schnell zubereitet. Die gekochten Kartoffeln müssen in die langsam erwärmte und mit Mehl angedickte Buttermilch gegeben werden. Lorbeerblätter, angebratene Zwiebeln mit Speck, eine Brise Salz und für die süßsaure Geschmacksrichtung noch Zucker dazu. Fertig. Die Kochkunst besteht darin, die Buttermilch nicht anbrennen zu lassen. Das ist allerdingsleichter gesagt als getan.
Mecklenburg-Vorpommern ist das wasserreichste Land der Republik. Daher liegt es auf der Hand, dass Fisch die Speisekarte dominiert: Dorsch, Hering, Makrele, Scholle oder Zander – um nur einige Arten zu nennen. Es gibt ihn gekocht, gedünstet, gebraten, süß-sauer, eingerollt, genoppt, gefarscht, gesalzen, gekräutert, gebraten, gedünstet – und ganz oft vor Ort frisch geräuchert. Die bekannteste Fischspezialität – beinahe die Deutscheste aller Delikatessen - ist der Bismarckhering. Der Kaufmann und Fischhändler Karl Johann Wiechmann erfand in Stralsund den sauer eingelegten Hering: entgrätet und in eine saure Marinade aus Essig, Speiseöl, Zwiebeln, Senfkörnern und Lorbeerblättern eingelegt. Da er ein Fan des ersten Reichskanzlers Otto von Bismarck war, sandte er ihm ein kleines Holzfässchen. In seinem Antwortschreiben gab der Kanzler dem cleveren Händler sein Einverständnis, die Spezialität nach ihm zu benennen. Der kam danach ganz groß raus. Er gründete die erste Fischkonservenfabrik an der Ostseeund versendete Hunderttausende Heringe in Holzfässchen ins Binnenland. Der Siegeszug des Bismarckherings war möglich, weil zu dieser Zeit das Ferneisenbahnnetz entstand. Der Bismarckhering wird traditionell mit Bratkartoffeln sowie als Brot- oder Brötchenbelag gegessen. Das Originalrezept besitzt der Fischhändler Henry Rasmus, der ihn in seinem Restaurant in Stralsund seit zehn Jahren wieder anbietet. Im Gegensatz zum Hering wird der Dorsch nicht eingelegt. Dösch – so die niederdeutsche Bezeichnung – ist besser bekannt als Kabeljau. Bis zu zwei Meter lang, vierzig Kilo schwer und ein Vierteljahrhundert alt kann er werden. Er frisst uns dabei allerdings jede Menge Sprotten weg. Die revanchieren sich, indem sie ihm den Laich fressen. Das nennt man ökologisches Gleichgewicht. Dorsch ist an der Ostsee seit jeher ein wichtiges Grundnahrungsmittel und Handelsgut. Die Bestände sind jedoch zurückgegangen. Deshalb ist Dorsch relativ teuer geworden. Der Mecklenburger isst ihn gerne mit Speck am Rücken gespickt. Er würzt ihn kaum:Salz, Zitronensaft, Pfeffer. Das war’s schon! Danach kommt er mit Wein und Brühe in eine feuerfeste Form, wo er eine knappe Sunde gart.
Eine besondereSpezialität ist der geräucherte Aal, den man im Frühjahr und Sommer an einem der Räucheröfen erwerben kann. Eine weitere Delikatesse ist der Hornfisch oder Hornhecht. Wenn er an die Küsten kommt, beginnt die Sommerzeit. Es gibt ihn nur bis in den Juni hinein. Dieser Fisch hat wirklich grasgrüne Gräten und hat damit schon so manchen Binnenländler ver- oder erschreckt.
Und was trinkt man in Mecklenburg und Vorpommern? Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Wein angebaut. Seit 1999 baut das Weingut Schloss Rattey im Stargarder Land in der Nähe von Neubrandenburg wieder Rebsorten wie Müller-Thurgau, Phönix, Ortega, Huxelrebe und Regent (roter Landwein) an. Auf dem nördlichsten Weinberg Deutschlands stehen fünfzehntausend Rebstöcke auf vier Hektar. Das ist ein bisschen wenig für die Einheimischen und ihre Gäste. Die Menschen im Norden sind jedoch findig. Im Gegensatz zu Reben gibt es hier Sanddorn wie Sand am Meer. Das dornige Gewächs ist eine Pionierpflanze, die auf kargen Böden der salzigen Luft, Wind und Wetter standhält. Aufgrund des fruchtig-frischen, leicht säuerlichen Geschmacks sind die Nordmänner auf die Idee gekommen, seine Beeren gären zu lassen. Das Endprodukt soll jedoch ein Geschmackserlebnis der besonderen Art sein. Besser eignet sich der Sanddorn, um Likör und Sanddornbrand herzustellen. Auch Säfte,Tees, Gelees und Konfitüren aus Sanddornbeeren haben eine lange Tradition. Natürlich wird im Norden auch Bier getrunken - vor allem Pils. Die Störtebeker Braumanufaktur - eine mittelständische Bierbrauerei in Stralsund – ist eine der bekanntesten:„Störtebeker – das Bier der Gerechten“. Die heutige Störtebeker Braumanufaktur wurde 1827 als Stralsunder Vereinsbrauerei gegründet und war als Hoflieferant der Ostseebäder bekannt. Das Bier wird unter Verwendung überwiegend regionaler Zutaten gebraut.