Block-Künzler, Guido: Einmal Worpswede und zurück
Mit dem Rad rund um Bremen und Bremerhaven
1. Auflage, BoD.
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
© Guido Block-Künzler. Alle Rechte vorbehalten
Umschlagphoto, Bilder und Gestaltung: Guido Block-Künzler
ISBN: 978 384 825 2718
Voraussichtlicher Erscheinungstermin: 2015
Überblickskarte - ohne Bremerhaven
(Quelle: WIKIPEDIA)
Ich begann meine Radtour rund um Bremen und Bremerhaven in Worpswede. Die Kleinstadt vor den Toren Bremens ist bekannt für die 1889 gegründete Künstlerkolonie.
Bis heute gibt es in Worpswede zahlreiche Kultureinrichtungen und Galerien.
Der Ort profitiert landschaftlich von einer 51 Meter hohen Erhebung, dem Weyerberg, der die ansonsten flache Umgebung überragt.
Über die Hamme fuhr ich nach Osterholz-Scharbeck. Touristisch ist die Kreisstadt eher Niemandsland – vorsichtig gesagt. „Historische Innenstadt?“ Ein Angestellter der Lilienthaler Kommunalverwaltung, den ich vor derselben wenige Stunden zuvor kennen gelernt hatte, schaute mich groß an. Nicht nur wegen des unverhofften Wiedersehens.„Ist ja nur die Kreisstadt!“ lautete sein lakonischer Kommentar. Dahinter landete ich im Nirgendwo vor einem einsamen Bauernhof mit überdachter Bushaltestelle. Für den Rest des Abends schaute ich dem Bauern zu, wie er seine Gülle über die Felder verteilte. Duftkino vom Feinsten!.
Am nächsten Tag stand ich noch vor Sonnenaufgang auf und machte mich vom Acker. Der Bauer hatte mich am Abend zuvor, ich lag schon im Biwaksack, mehr oder weniger deutlich darum gebeten. Wegen der Schulkinder, die sich erschrecken könnten. Schulkinder? Hier? Nun ja, er musste es wissen. Tatsächlich erschrak ich, als sein Schäferhund in der Früh auftauchte. Im Morgengrauen erreichte ich die Bremer Heerstraße. Sie war zwar stark befahren, hatte aber den Vorteil eines Radweges, der auch den letzten Idioten sicher und ohne Umwege nach Bremerhaven bringen würde.
So war es denn auch. Im Stadtteil Wulsdorf erreichte ich Bremerhaven.
Ich beschloss, gegen den Uhrzeigersinn um Bremerhaven zu fahren und wurde nach dem Lärm an der Bundesstraße mit einer kleinen Insel der Ruhe belohnt.
Auch der Bürgerpark im OstenBremerhavens war eine Insel der Ruhe. Der Bürgerpark Bremerhaven ist eine über sechzig Hektar große Parkanlage hinter dem Hauptbahnhof in Bremerhaven-Geestemünde. Drei Bremerhavener Bürger hatten den Gedanken, einen kleinen Wald in Stadtnähe zur Erholung einzurichten. Die Nordsee-Zeitung berichtete 1964: „Die Idee stammtevon Bürgern, das Geld kam von den Bürgern und die Bürger waren es, die in dem Park Erholung suchten.“ Kein Wunder. Schließlich gilt auch in Bremerhaven Bremens Wahlspruch: „buten un binnen – wagen un winnen“ (draußenund drinnen – wagen und gewinnen).
In Weddewarden – an der nordwestlichen Grenze zu Niedersachsen – überquerte ich ein kleines Sperrwerk. Seit der Sturmflut von 1962, die vor allem in Hamburg vielen Menschen den Tod brachte – sind die Zuflüsse zu Nordsee, Weser, Ems und Elbe damit versehen. Sperrwerke sind im Wasserbau Querbauwerke in einem Tidefluss ,also einem Fluss, dessen Wasserstand aufgrund der Gezeiten stark schwankt. Diese Querbauwerke haben Öffnungen, die bei Bedarf geschlossen werden können, um das dahinter liegende Binnenland vor Überflutungen zu schützen.
An der Schleusenstraße (Mitte-Nord) blickte ich auf Bremerhaven Harbour. Dahinter liegt das Überseehafengebiet.
Beeindruckt hat mich das Atlantic-Hotel, das aber ein bisschen an Dubais Größenwahn erinnert …
… und das Klimahaus davor, das entlang des achten Längengrades durch verschiedene Klimazonen der Erde führt und wie ein UFO aussieht (die „Brücke“ gehört zum Hotel).
Danach fuhr ich am Deutschen Schiffahrtsmuseum vorbei.
Über die Geeste, am Fischereihafen und dem kleinen Flughafen vorbei erreichte ich Luneplate und blickte über die Weser nach Nordenham. Gespenstisch war die Stimmung – der Ort wie nicht von dieser Welt.
Ich übernachtete in der Bushaltestelle eines kleinen Dorfes. Am nächsten Tag war der Himmel stahlblau.
Das blieb natürlich nicht so. Kurz hinter der Weserfähre nach Brake wurde ich wieder kräftig geduscht. Man muß so etwas abkönnen, wenn man spät im Jahr im Norden unterwegs ist.
… und wird entschädigt mit schönen Bildern …
… die man nicht vermissen möchte. So ist der Norden im frühen Herbst. Lieblich geht anders!
Bei Rekum fuhr ich über die Bremer Stadtgrenze und in Blumenthal sagte dieser Park „Bleib hier. Was Besseres findest du nicht mehr!“
Unter diesem UFO übernachtete ich …
… und sah die Sonne untergehen ..
… und am nächsten Tag die dicken Pötte in die Morgenröte fahren.
Am gläsernen Werft-Restaurant in Bremen-Vegesack beginnt die maritime Meile, die an Bremens glorreiche Vergangenheit als Schiffsbauerstadt erinnert. Das ehemalige Werksgelände der Bremer Vulkan AG liegt dahinter. Die Großwerft war einer der wichtigsten Arbeitgeber in Bremen-Nord und gehörte bis in die 1990er Jahre zu den großen Werften Europas. Hier entstanden über tausend Schiffe. Nach dem Vorwurf der Veruntreuung von Geldern, die für Investitionen an ostdeutschen Werftstandorten gedacht waren, meldete die Bremer Vulkan AG 1996 Insolvenz an. RADIO Bremen am 15.08.12: „Am 15.August 1997 stellte die Werft ihren Betrieb ein, nachdem am Vortag das letzteSchiff fertig gestellt worden war. Damit ging eine Industrie-Ära zu Ende. Rund 4.500 Menschen verloren ihre Arbeit, die Auswirkungen auf den Standort und die indirekt betroffenen Arbeitsplätze nicht mitgerechnet. Von diesem Schlag haben sich der Stadtteil Vegesack und das Land Bremen bis heute nicht völlig erholt.“
Ein Stück Vulkanhistorie im Bildvordergrund: Schlepper Regina der Werft.
In Vegesack überquerte ich diese Brücke. Dahinter fuhr ich vorbei am Schulschiff Deutschland - heute schwimmendes Hotel - vorbei, das in der Mündung der Lesum liegt.
Wenig später führt mich mein Weg ins Zentrum via Sperrwerk über die Lesum ins Werderland. Das Werderland ist eine Marschlandschaft und liegt überwiegend unter dem Flutniveau der beiden umgebenden Flüsse. Ohne den Schutz der Deiche würde es täglich überflutet werden. Es wird durch Feuchtwiesen geprägt, die durch zahlreiche Gräben und über Siele in die Lesum und die Weser entwässert werden. Sie stehen größtenteils unter Naturschutz. Unter anderem zur Erhaltung der Landschaft in ihrem jetzigen Zustand wird es überwiegend beweidet, da sonst die Freiflächen verbuschen würden. DasNaturschutzgebiet wird vom BUND Landesverband Bremen betreut.
Auf dem Deich fuhr ich weiter die Lesum entlang über Grambke – dem Dorf in der Stadt ….
… ins Blockland, wo ich vor diesem Haus einen Radler traf, der mich zunächst für einen Landstreicher hielt (oder wie auch immer heute die politisch korrekte Bezeichnung lautet). Mit der Landschaftskultivierung im Mittelalter wurde das Gebiet durch Gräben in Blöcke eingeteilt, woraus sich der Name „Blockland“ ergab Das Blockland ist ein Landschaftsraum, der überwiegend durch flaches Marschland mit einer Höhe von 0,7 bis 1,8 m über NN geprägt ist. Ohne Deiche würden weite Flächen bei jeder Flut überschwemmt werden. Der Ortsteil wird nördlich und westlich durch die Wümme (zugleich Grenze nach Niedersachsen) und die Lesum begrenzt. Blockland bietet ein ländliches Erscheinungsbild mit feuchten Wiesen und ausschließlich Grünlandwirtschaft. Das Naturschutzgebiet des Außendeichgeländes der Wümme und das Blockland sind beliebte Ausflugsziele für Radfahrer, Skater und Spaziergänger.
In Gröpelingen-Orlebshausen kam ich an der Straf- und Justizvollzugsanstalt mit ihrer weithin sichtbaren Anstaltskirche vorbei. Die Anstalt wurde von 1871 bis 1874 im Stil der Neugotikaus Ziegelsteinen errichtet und danach erheblich erweitert. Sie steht größtenteils unter Denkmalschutz. Das kleine Dorf Oslebshausen (Plattdeutsch Oshuusen) wandelte sein Antlitz nach dem Bau der benachbarten Häfen und Industriebetriebe gänzlich. Es entwickelte sich ein Ortsteil mit Einzelhäusern, Reihenhäusern und vornehmlich drei- bis viergeschossigen Wohnblocks für die Häfenarbeiter. Die Arbeitervorstadt Gröpelingen war in der Weimarer Republik eine Hochburg der SPD und KPD mit Spitznamen wie Klein-Moskau und Rotes Gröpelingen. Zahlreiche kämpferische Auseinandersetzungen fanden ab 1930 mit den Nazis statt. Die Aktien-Gesellschaft„Weser“, die allgemein nur AG Weser oder Use Akschen hieß, war der bei weitem wichtigste Betrieb in Gröpelingen. Ab 1975 verlagerte sich der Schiffbau in Länder wie Japan oder Südkorea. Nach langen, schließlich gescheiterten Verhandlungen und einer Besetzung der Werft durch die Arbeiter, wurde die AG Weser Ende 1983 geschlossen. Auch hier hatte das Ende der Werft weit reichende Folgen für den Stadtteil.
In West-Ost-Richtung führt durch eine längs gestreckte Grünzone ein zentraler Rad- und Fußweg von Oslebshausen durch Ohlenhof und den Ortsteil Gröpelingen nach Walle zum Stadtzentrum.
Vor dem Bremer Rathaus herrschte bei herrlichem Sonnenschein Volksfeststimmung. Das Rathaus ist eines der bedeutendsten Bauwerke der Gotik - und der Weserrenaissance - in Europa. Seit 1973 steht es unter Denkmalschutz. Im Juli 2004 wurde es zusammen mit dem Bremer Roland von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt.
Schweren Herzens fuhr ich weiter. Einen Ort wie diesen hätte ich gerne alle Tage. Geschichtsschwanger, aber dem Heute zugewandt. Belebt, kein touristisches Museum. Ihr glücklichen Bremer!
Ich fuhr an der Weserpromenade der Weser entgegen. Das Strandbad gegenüber war trotz des guten Wetters so leer ...
… wie es die Weserpromenade nicht war. In zwei Stunden wollte Werder Bremen die Stuttgarter an die Wand spielen. Das gelang nur in der ersten Halbzeit. Die gute Stimmung der Werder-Fans auf dem Hinweg sollte für sie das einzig erfreuliche an diesem Tag bleiben. Ein erbärmliches 2:2 kasierte Werder, weil sie sich ihrer Sache zu sicher waren. Hochmut kommt vor dem Fall.
Vor Hastedt verlies ich die Weser Richtung Norden. An der Heerstraße in Horn fuhr ich an dieser Windmühle …
… und diesem Bauernhof vorbei. An der stark befahrenen Ausfallstraße wirkten beide wie aus der Zeit gefallen.
Für dieses Foto passte ich einen der seltenen Momente – ampelbedingt - ohne Verkehr ab.
In Lilienthal angekommen stellte ich fest, daß sich der Weg nach Worpswede zwischenzeitlich nicht verkürzt hatte.
Das war bedauerlich, denn das Wetter wechselte wieder in den Duschmodus.
Ich hatte jedoch Glück. An diesem Abend blieb ich verschont. Dafür weckte mich am nächsten Tag ein Gewitter, das nicht von schlechten Eltern war. Dauerregen begleitete meine Weiterfahrt rund um Niedersachsen. Aber das ist eine andere Geschichte (siehe „Rund um Niedersachsen“).
Zu guter Letzt:sein noch angemerkt: In Bremen hat der Radverkehr einen Anteil von über 26,5 % aller zurückgelegten Wege und liegt damit höher als in jeder anderen deutschen Großstadt über 500.000 Einwohner. Bremen wird daher oft als „Fahrradstadt“ bezeichnet. Zum Radverkehrsnetz der Stadt Bremen gehören über 560 Kilometer straßenbegleitende Radwege sehr unterschiedlicher Qualität. Darüber hinaus führen viele Kilometer straßenunabhängiger Radwege durch Parks, Grünzüge und auf den Deichen. Nichts wie hin! Ausgeschildert sind zudem drei unterschiedliche Radrundwege rund um Bremen: Der "Grüne Ring" ist ein Radwegenetz, das in 3 Ringen mit Querverbindungen um Bremen verläuft. Er hat einen Radius von ca. 20 – 30 km und ein Gesamtwegenetz von rund 800 km. Durch die Querverbindungen werden auch kleinere Tagestouren möglich. Die Ringwege unterscheiden sich vor allem durch ihre Führung im Grenzbereich der unterschiedlichen Landschafts- bzw.Siedlungsräume (Quelle: http://www.efre-bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen59.c.3230.de).
Web-Links für Radwanderer in Bremen und Bremerhaven
Wird überarbeitet!
Bücher für Radwanderer über Bremen und Bremerhaven
ADFC: Regionalkarte Cuxhaven und Bremerhaven.
2010 (BVA BielefelderVerlag).
ADFC: Regionalkarte Bremen und Umgebung.
2010 (BVA Bielefelder Verlag).
Böttcher, Christiane / Dressler, Fritz / Dressler, Hauke: Bremen. Bremerhaven.
München 1998 (Bucher).
Bremer Tageszeitungen AG: 555 Dinge, die man in Bremen und Umgebung gemacht haben sollte.
Bremen 2010 (Bremer Tageszeitungen).
Drapatz, Markus: Bremen: Rundgänge durch die Geschichte.
2008 (Sutton-Verlag).
Elmshäuser, Konrad: Geschichte Bremens.
2007 (C. H. Beck).
Grimm, Jacob / Grimm, Wilhelm: Die Bremer Stadtmusikanten.
1990 (Esslinger Verlag Schreiber).
Klose, Birgit: Ab ins Grüne – Ausflüge rund um Bremen: 32 Rad und Wandertouren.
Lemmermann, Birgit / Meier-Odenwald, Jens und Peter / Entholt, Kay: Schlüsselbuch: Bremen Brevier.
2009 (Schünemann).
Liffers, Lutz: Bremen. Die Hansestadt entdecken und erleben.
2008 (Edition Temmen).
Lürtzing, Jürgen: Grossraum Bremen. Mit demFahrrad auf Entdecker-Tour. Die 40 schönsten Radtouren zwischen Bremen, Oldenburg und Teufelsmoor. Mit 23 Tourenkarten.
2001 (Stadt- und Freizeitverlag).
Radeke, Freddy (Autor),Radeke, Yannick (Fotograf): Bremen und du: 50 Dates mit deiner Stadt.
2011(Schünemann).
Rath, Britta: DuMont direkt Reiseführer Bremen.
Köln 2011 (Dumont Reiseverlag).
Regener, Sven: Neue Vahr Süd.
2006 (Goldmann-Verlag).
Tilgner, Daniel: Das Bremer Schnackbuch. Begriffe, Redensarten und ‚n bischechen Tünkram.
2010 (Edition Temmen).
Rinke, Moritz: Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel.
Worpswede-Roman.
2010(Kiepenheuer&Witsch).
Werner, Klaus / Schulze, Dieter / Gawin, Izabella: Reise-Know-HowCity-Tripp – mit großem Faltplan.
Bielefeld 2012 (ReiseKnow-How-Verlag Rump).
Witt, Harald: Radwandern rund um Bremen. Die schönsten Touren zwischen Hunte, Weser und Wumme.
2010 (Edition Temmen).
Worthmann, Tjark: Bremen und Bremerhaven fast umsonst.
2011 (Edition Temmen).