Mit dem Rad und um Hessens Mitte
Meine Route
Wetzlar – Weilburg – Limburg – Hadamar – Mengerskirchen – Herborn – Dillenburg – Breidenbach - Biedenkopf - Cölbe – Marburg – Cölbe – Kirchhain – Neustadt (Hessen) – Alsfeld – Lauterbach – Breitenbach am Herzberg – Niederaula – Bad Hersfeld – Friedewald – Philippsthal – Herleshausen/Hörschel – Phillippsthal – Ulstertal/Geisa – Tann – Milseburg – Fulda – Schlitz – Lauterbach – Ulrichstein – Grünberg – Reiskirchen – Gießen - Wetzlar.
Mittelhessen - Lage in Hessen
Benutzte Radfernwege rund um Mittelhessen
Hessens von Mittelgebirgen geprägte Mitte lässt sich problemlos auf Radfernwegen in einer Woche umrunden. Sie werden auf ehemaligen Bahntrassen, Wirtschaftswegen und auf wenig befahrenen Straßen geführt. Problematisch ist nur das Teilstück von Wernges nach Breitenbach am Herzberg, das über eine allerdings außerhalb des Berufsverkehrs wenig befahrene Bundesstrasse geführt wird. Die Radwege der Mittelgebirgslandschaft werden in der Regel durch Flusstäler geführt. Sportliche Steigungen erwarten den Radwanderer mangels zielführender Fluss- und Bachläufe nur im Westerwald und im Vogelsberg. Der von mir gefahrene Radrundweg um Mittelhessen ist angebunden an die mittelhessischen Hochschulstandorte Wetzlar (THM – Duales Studium), Marburg (Phillips-Universität), Gießen (Justus-Liebig-Universität, THM) und Fulda (HS Fulda).
Im Detail:
Lahntalradweg von Wetzlar nach Limburg.
Hessischer Radfernweg R8 von Limburg über Dillenburg bis Biedenkopf.
Lahntalradweg ab Biedenkopf bis Marburg und zurück nach Cölbe.
Hessischer Radfernweg R2 ab Cölbe bis
Hessischer Radfernweg R7 von Lauterbach über Bad Hersfeld bis Philippsthal.
Abstecher von Philippsthal nach Hörschel (Anbindung Rennsteig) auf dem Werratalweg.
Zurück nach Philippsthal in umgekehrter Richtung.
Ulsterradweg von Philippsthal bis kurz vor Hilders/Rhön.
Milseburgradweg bis Fulda.
Fuldatalradweg bis Schlitz-OT Hutzdorf.
Hessischer Radfernweg R7a/R7 von Schlitz über Lauterbach nach Wetzlar.
http://www.adfc-hessen.de/tourismus/radfernwege/fernwege.html
https://www.hessen-tourismus.de/natur-und-landerlebnis/radfahren-in-hessen
http://www.radroutenplaner.hessen.de/
Rund um Hessens Mitte
Ein Radreisebericht mit kommentierten Bildern
Meine Radreise rund um Hessens Mitte begann auf dem Domplatz in Wetzlar. Zuvor war ich jahrelang rund um alle Bundesländer mit dem Rad gefahren. Zeit also, meine mittelhessische Heimat - ich bin in Schlitz geboren - gründlich zu erkunden.
Mittelhessen ist eigentlich nicht mehr als ein Regierungsbezirk. Erst langsam bildet sich eine Identität heraus. Abgearbeitet haben sich daran schon viele – ich unter anderem mit dem „Verein für mittelhessische Regionalentwicklung“.
Wetzlar ist Goethestadt. Das zieht Touristen. Tatsächlich war Goethe hier nur einen Sommer lang. 1772 als Referendar am Reichsgericht. Nicht ganz freiwillig: Sein Vater wollte es so. Und der hatte die Dukaten. Argumente, die ihn schon bei der Studienwahl überzeugten.
In Wetzlar blieb ihm genug Zeit, um die Idee für einen Longseller auszubrüten. So entstand sein berühmter Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“. Darin verarbeitete er seine unglückliche Liebe zu Charlotte Buff, die er auf einem Ball in Volpertshausen nahe Wetzlar kennen lernte. Dumm nur, dass sie verlobt war. Enttäuscht zog er weiter. Geblieben ist Wetzlar das „Lotte-Haus“ unweit seiner Wohnung am Kornmarkt - in Wurfweite zum Dom.
Fotostop an der Alten Lahnbrücke. Wetzlar ist nicht nur Goethestadt. Hier wurde die Kleinbildkammera erfunden. Ernst Leitz II. traf hier trotz schwieriger Marktlage die Entscheidung, den Apparat seines Mitarbeiters Oskar Barnack in Serie zu fertigen. Barnack hatte aus dem 35-mm-Filmmaterial den Kleinbildfilm entwickelt – und drumherum einen Belichtungsapparat mit festem Verschlussablauf und Brennweite. Es entstand die Ur-Leica (Leitz-Camera), die auf der Frühjahrsmesse 1925 in Leipzig vorgestellt wurde.
Im Bild: Keine Leica, sondern die XXL-Version der berühmten Spionagekamera von Minox. Sie ist eine Station des Wetzlaer Optikparcours. Optik hat in Wetzlar eine lange Tradition.
Lahn bei Solms. Im Sommer ist der beliebte Paddelfluss oft überfüllt. Daher gibt es vorgeschriebene Ein- und Ausstiegsstellen.
Dominierend ist in der Umgebung von Gießen und Wetzlar: der 497,7 Meter hohe Dünsberg (rechts am Horizont der Kegel). Das haben schon die Kelten erkannt und dort im 3.Jahrhundert v. Chr. eine Ringwallanlage gebaut.
Bei Löhnberg ging es zurück zur Lahn.
Die rekonstruierte Eisenerzverladestation der Grube Allerheiligen in Ahausen erinnert an die lange Bergbautradition im Lahntal.
Vom Lahntalradweg gesehen: das Weilburger Schloss. Es war Residenzstadt und Regierungssitz des Hauses Nassau-Weilburg.
Weilburger Altstadt von oben. Dieses Mal war ich wieder mit dem Rad da. Das nächste Mal von Wetzlar rund um Deutschland werde zu Fuß unterwegs sein. Danach mein Boot benutzen (Echt Schiss habe ich vor der Nordsee!). Den Tetrathlon rund um Deutschland (Mit dem Oldtimerrad, zu Fuß, mit dem Boot und zum Abschluss mit dem Trike, einem superleichten Luftfahrzeug mit viel Luft drumherum) werde ich dann in einigen Jahren mit beenden - sofern ich dann meine Höhenangst endlich im Griff habe.
Luftbild per Wikipedia von Fritz Geller-Grimm CC BY-SA 3.0. Danke.
Ein Bauwerk, das in Deutschland einmalig ist: Der Schiffstunnel von 1847 in Weilburg. Wer Höhlen mag, wird davon begeistert sein. Ich bin einmal durchgefahren und in der Doppelschleuse von Vollpfosten, die die zweite Kammer vorzeitig geöffnet haben, fast versenkt worden. Seitdem umfahre ich ihn entspannt.
Lahnradweg/R7 hinter Weilburg: Natur pur.
Villmar war ein Zentrum der Vorkommen und Verarbeitung des so genannten Lahnmarmors, polierbare Kalksteine des Mitteldevons. Abgebaut wurde vom 16.Jahrhundert bis 1970. Neben der Marmorbrücke in Villmar wurde er auch in der Eingangshalle des Empire State Buildings und für den Kreml in Moskau verwendet.
Gegen Abend erreichte ich Runkel. Burg Runkel über der Lahn. Erstmals 1159 erwähnt wurde sie von den Herren von Runkel erbaut.
In Dietkirchen rollte ich unterhalb des „Lubi“ – der St. Lubertiuskirche oder auch Lubentius-Basilika genannt – meinen Biwaksack aus. Das Lubentiusstift wurde zwischen 830 und 838 errichtet. Die Anfänge des Christentums an der Lahn reichen vom 6. bis zum Ende des 7.Jahrhunderts.
Am nächsten Tag legte ich eine Pause ein. Der Vortag hatte mir Muskelkrämpfe beschert, die mich an Schlaf kaum denken ließen. Mittags fühlte ich mich dann fit genug für einen Stadtbummel in Limburg. Weithin sichtbar auf einem Kalkfelsen oberhalb der Lahn liegt der Limburger Dom – das Wahrzeichen der Stadt.
Limburg liegt an der Deutschen Fachwerkstraße. Hier blieb das gesamte Ensemble mittelalterlicher Bebauung nahezu unversehrt erhalten. Nur in wenigen weiteren deutschen Städten wie Bamberg und Regensburg ist das ebenfalls der Fall. Kein Wunder, dass die Touristenzahlen jährlich steigen. In der Nachsaison war es jedoch erträglich.
Nach dem Zero-Day fühlte ich mich fit genug für die Höhen des Westerwaldes.
Hadamar grenzt an die Kreisstadt Limburg, die im Lahntal zwischen Taunus und Westerwald liegt und die westlichste Stadt Mittelhessens ist. Bekannt ist sie durch die 1883 gegründete Klinik für Forensische Psychiatrie, in deren Nebengebäuden eine Gedenkstätte an die Ermordung von Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen während der Zeit des Nationalsozialismus in der NS-Tötungsanstalt Hadamar ab 1941 erinnert. In der Altstadt haben sich zahlreiche Fachwerkgebäude erhalten, darunter das 1639 erbaute Rathaus. Das Schloss Hadamar war Residenz der Hadamarer Linie des Hauses Nassau. Und ist in seiner jetzigen Bauform von der Renaissance geprägt.
Hinter Hadamar machte der Westerwald ernst. Bis zum Knoten ging es fast nur in eine Richtung: nach oben …
… und nur vor Mengerskirchen ausnahmsweise ins Tal.
Vom Knoten am Südostrand des Hohen Westerwaldes hatte ich einen umwerfenden Blick auf den Lahnwesterwald. Ich übernachtete in einer Schutzhütte zwischen sieben Windrädern.
Schon lange fährt kein Zug mehr nach Driedorf.
Auf der alten Bahntrasse fuhr ich weiter Richtung Dilltal.
Im Dilltal trifft der hessische Radfernweg R8 hinter Herborn auf die vielbefahrene Bundesstrasse 277. Immerhin gibt’s einen Radweg.
In Dillenburg stand die Sonne etwas ungünstig für ein geniales Foto des Wahrzeichens. Der Wilhelmsturm aus dem Jahr 1875, der an den in Dillenburg 1533 geborenen Wilhelm von Oranien erinnern soll, dem Führer im niederländischen Befreiungskrieg gegen Spanien (1569 – 1648): Als Radwanderer muss mans nehmen wie es kommt. Dillenburg war Stammsitz des oranischen Zweigs des Hauses Nassau. In den Niederlanden ist Wilhelm als „Vater des Vaterlandes“ bekannt. Sein Name wurde später in einem Lied, dem „Het Wilhelmus“ verewigt, das am 10.Mai 1932 zur niederländischen Nationalhymne erklärt wurde. Fast jedem Niederländer ist die hessische Kleinstadt ein Begriff. Goethe hat ihn in seinem Freiheitsdrama „Egmont“ verewigt.
Auf dem hessischen Radfernweg R 8, der längs durch Hessen von Nord nach Süd ab Frankenberg nach Heppenbeim führt, fuhr ich über Fronhausen weiter Richtung Biedenkopf. Durch Fronhausen rollt der Verkehr der Bundesstraße (rechts LKW). Ich verpasste den Einstieg in die Radroute und schon auf dem Bürgersteig bis zum Ortsende, wo mich ein Radwegweiser zurück auf die Radroute brachte und weiter ins Dietetal.
In Breidenbach fand ich eine Grillhütte am Ortsrand. Hauptsache Dach überm Kopf! Ich habe auf 30.000 Kilometern gelernt, nicht sehr wählerisch zu sein. Verglichen mit den Betonröhren südlich Hamburg, nördlich Mainz und der Übernachtung im Biwaksack bei Gewitter am Strand gegenüber Fehmarn war dies hier schon sternemässig. Zwischen Einfamilienhäusern kochte ich mir meinen Frühstückskaffe und knabberte einige Kekse und einen Apfel. Nachhaltig war das nicht. Mehr krieg ich morgens nicht rein. Dafür gab es später Müsli.
Der Radweg führte mich durch das Dietetal.
Danach fuhr ich am Perfstausee südlich von Wallau vorbei nach Biedenkopf.
Bei Wallau erreichte ich wieder die Lahn – Mittelhessens längsten Fluss.
Vom Radweg aus war das erste, was ich von Biedenkopf sah, das Schloss.
Im Reiseführer stände, die Altstadt lädt zum Verweilen ein. Tut sie.
Nach den Höhen des Westerwaldes war ich froh, endlich im Lahntal angekommen zu sein. Der Lahntalradweg gilt auch deshalb als eine von Deutschlands Top-Adressen fürs Radwandern, weil er bis auf die Strecke bei Balduinstein (Zug nehmen oder Ausweichroute auf Holperstrecken entlang der Lahn fahren!) norddeutsch flach sich durchs Mittelgebirge schlängelt.
Lahn bei Lahntal.
Wenig später erreichte ich die Universitätsstadt Marburg. Die „Alte Universität“ wurde bewacht von einem stämmigen Security-Wachmann. Schade. 1527 gründete Landgraf Philipp der Großmütige die nach ihm benannte Hochschule – die älteste protestantische Universitätsneugründung, die bis heute überlebt hat.
Nach einem Spaziergang durch die Altstadt, der sich wegen meines tonnenschweren Gepäcks und der vielen Fußgänger mühsam gestaltete, überlegte ich mir, mich unter einem Sonnenschirm an der Mensa zur Ruhe zu begeben. Obwohl die Sonne unterging, herrschte noch viel Betrieb. Ich zog weiter und fand dann noch ein Vordach.
Am nächsten Morgen fuhr ich zurück nach Cölbe. Erst viele Tage später würde ich hinter dem Vogelsberg bei Gießen wieder auf die Lahn treffen. Dahinter erreichte ich das Ohmtal.
Blick auf Amöneburg vom Radfernweg vor Kirchhain.
Kirchhain liegt am Nordostrand des Amöneburger Beckens.
In der Nähe der Kernstadt befindet sich das Naturerlebnisgebiet Erlensee.
Hinter Kirchhain ging es flach weiter.
Die Altstadt von Stadtallendorf ist überschaubar. Bekannter ist der Ort als Standort der Bundeswehr „irgendwo im nirgendwo“– jedenfalls in meinem Jahrgang.
Hinter Stadtallendorf ging es ein Stück hoch, dann ins Tal hinab nach Neustadt in Hessen. Neustädte gibt es in Deutschland fast wie Sand am Meer. Sogar einen Verbund. Nicht alle sind einen Besuch wert. Diese Stadt im hintersten Winkel Mittelhessens ist ein Besuch wert.
Der Junker-Hansen-Turm ist das Wahrzeichen der Stadt.
Zur Abwechslung fuhr ich hinter Neustadt wieder mal bergan.
Landstraße nach Willingshausen.
In Willingshausen unten im Tal traf ich auf die Antreff. Sie begleitete mich Richtung Alsfeld.
Die Antrifttalsperre fünf Kilometer vor der Kernstadt Alsfeld schützt Antreff und Schwalm vor Hochwasser. Der Südteil und die Vorsperre sind Naturschutzgebiet.
Radweg R2 vor dem Alsfelder Ortsteil Leusel.
In einer im Frühjahr 2017 veröffentlichten Top-Ten-Liste wurde Alsfeld von der GEO-Redaktion als eine der zehn schönsten Kleinstädte in Deutschland gewählt. Bildmitte: Das historische Rathaus.
Auf dem Hessischen Radfernweg R2 von Alsfeld nach Lauterbach.
Hinter Wallenrod ging es dann hinab nach Lauterbach am nordöstlichen Rand des Vogelsbergs, benannt nach dem Fluss Lauter. Die Kreisstadt blickt auf eine lange Geschichte zurück. Sie wurde bereits in der fränkischen Rodungs- und Siedlungszeit (400 bis 800 n. Chr.) gegründet.
Nach Sonnenuntergang erreichte ich den Bahnhof. Ich blieb. Am nächsten Morgen weckten mich die Pendlerzüge.
Blick von der Lauter auf die Altstadt. In Lauterbach wird seit 1527 das älteste Bier Hessens gebraut und der erste deutsche Camembert („Lauterbacher Strolch“) hergestellt. Auch die älteste Hutfabrik Deutschlands befindet sich hier.
Auf dem Hessischen Radfernweg R7 fuhr ich weiter über Bad Hersfeld nach Philippsthal an der ehemaligen „Zonengrenze“; heute Grenze zu Thüringen).
Der R7 wird hier oft über die – allerdings meist nicht stark befahrene - Bundesstraße 62 geleitet. Wer das nicht mag, muss ab Lauterbach den R7a über Schlitz nehmen.
Dorfidylle in Lingelbach.
Die Gemeinde Breitenbach am Herzberg liegt am Fuß des Hirschberges (auch Herzberg genannt) und des Rimberges im südlichen Knüllgebirge an der „Grenze“ zu Nordhessen. An der Burg Herzberg im Gemeindegebiet findet jährlich seit 1968 – mit Unterbrechungen - ein international bekanntes Musikfestival der Hippie-Szene statt. In den Anfangsjahren traten hier legendäre Krautrockbands wie Guru Guru, Amon Düül und Can auf, später waren es Birth Control, Hawkwind, Iron Butterfly, Ougenweide, Patti Smith, Steppenwolf, Uriah Heep, Manfred Mann’s Earth Band und Wishbone Ash. Es ist das größte Festival seiner Art in Europa.
Wieder mal so ein Tag, wie ihn jeder Fernradler schon mal erlebt hat: Nichts ging mehr. Aus welchem Grund auch immer: die Flicken hielten nicht. Ich übernachtete und zog am nächsten Morgen einen neuen Schlauch auf. Das wollte ich eigentlich vermeiden, da ich mich mit der Nabenschaltung von Mutters Rad nicht auskannte. Mein MTB erholte sich derweil in Schlitz.
Tal der Jossa.
Hinter Niederjossa an der A7 erreichte ich den Fuldatalradweg. Hier kommt der Hessische Radfernweg 7 wieder mit der Abzweigung 7a über Schlitz zusammen.
Fulda mit Bootshaus des örtlichen Rudervereins in Bad Hersfeld.
Altstadt von Bad Hersfeld mit Rathaus. Im Hintergrund (Bildmitte): das Wahrzeichen der Stadt, der Turm der Hersfelder Stadtkirche.
Überregional bekannt ist Bad Hersfeld vor allem durch die seit 1951 jährlich stattfindenden Bad Hersfelder Festspiele in der Stiftsruine nach dem Vorbild der Mysterienspiele in Salzburg („Salzburg des Nordens“). Die Stiftsruine gilt als die größte romanische Kirchenruine Europas.
Hinter Bad Hersfeld verließ ich das Fuldatal auf dem R7 Richtung Philippsthal.
… auf einer ehemaligen Bahntrasse mit kommoder Steigung.
Vor Friedewald erwartete mich dann aber doch eine Schiebestrecke (für sportliche Biker aber kein Problem).
Die Mühe des Anstiegs auf 380 m. ü. NN. lohnte sich: Wasserburg Friedewald (Hessen). Friedewald lag einst im Kreuzungspunkt zwischen den Handelsstraßen Frankfurt und Leipzig sowie Bremen und Nürnberg.
Hinter Friedewald ging es bergab ins Werratal, wo der Kalisalzbergbau Landmarken (um es freundlich zu sagen) hinterlassen hat. Die abgebauten Kalilagerstätten (Düngemittel) werden stets von Natriumchlorid begleitet. Pro Tonne entstehen mehrere Tonnen Abraumsalz, das zu 96% aus Kochsalz besteht. Zentrale Abraumhalden sind heute die Halden bei Phillipsthal und Heringen („Monte Kali“ – dessen Gipfelplateau sich auf einer Höhe von 530 m ü. NN befindet.). Der Salzeintrag in den umgebenden Boden und die umgebenden Flüsse ist enorm. Dadurch ist der Boden praktisch unfruchtbar. Die Werra hat einen so hohen Salzgehalt, dass für Süßwasserlebewesen keine Lebensgrundlage mehr besteht. Zudem ist das Grundwasser versalzen.
In Oberneurode hinter Friedewald nahm ich dieses Fremdenzimmer-Angebot dankbar an, denn vor Friedewald hatte mir jemand von schweren Gewittern erzählt. Kamen nicht. Alter Outdoorgrundsatz: sicher ist sicher. Mitten im Dorf blieb ich nicht lange alleine. Bis in die tiefschwarze Nacht unterhielt ich mich mit einem Dorfbewohner, der gerne und ausgiebige Camperurlaube bis hin in die Türkei macht. Die Einladung zum Duschen schlug ich aus. War ja bald in Schlitz, wo die geliebte Badewanne wartete.
Vorbei am Kalibergwerk bei Philippsthal fuhr ich weiter nach Hörschel. Ein kleiner Abstecher nach Thüringen. Ich hatte mich mit meinem Lüneburger Freund und Studienkollegen fürs Wochenende auf einer Schutzhütte am Anfang des Rennsteigs verabredet und vage auch mit meinem Freund Heinrich aus dem Vogelsberg.
Dabei kam ich wieder Mal am „Monte Kali“ bei Heringen vorbei. Der Höhenunterschied vom Fuß des Berges bis zum Gipfelplateau beträgt knapp 200 m. Er wächst pro Förderstunde um 900 Tonnen an.
Ehemaliges „Zonenrandgebiet“ bei Herleshausen (BRD) vor Hörschel (DDR).
Meine Lieblingsschutzhütte am Beginn des Rennsteigs oberhalb von Hörschel. Blick auf Eisenach und die Wartburg (rechts) sowie ins Werratal und die Rhön auf der anderen Seite. Peter sagte ab. Fraktionssitzung. Als ob er geahnt hätte, dass der nächste Tag ungemütlich werden würde.
Es stürmte und regnete den ganzen nächsten Tag. Ich verzog mich in eine Schutzhütte im Werratal. Es war schon dunkel, da meldete sich Heinrich: “Wo bist du denn?“. Wir telefonierten uns zusammen und verbrachten einen angenehmen Abend an der Werra. Am nächsten Tag beruhigte sich das Wetter. Bei Berka verabredeten wir uns zum Grillen.
Am Folgetag war der Himmel wieder zugezogen. Ich machte eine Runde durch den Schlosspark in Philippsthal und fuhr dann weiter zum Ulsterradweg.
Ulsterradweg wildromantisch.
Am Anglerteich bei Pferdsdorf standen die beiden Schutzhütten im NSG immer noch. Gott sei Dank! Vor fast zehn Jahren hatte ich sie auf meiner Tour rund um Hessen entdeckt. Damals erklärte mir der Förster, dass sie illegal erbaut und abgerissen werden müssten. Teich im Morgengrauen am nächsten Tag.
Blick vom Ulsterradweg auf Geisa. Oberhalb, an der Straße zwischen Geisa (Thüringen) und Rasdorf (Hessen), liegt Point Alpha. Hier hätte der Dritte Weltkrieg begonnen.
Der Weg ist steil. Dieses Mal verzichtete ich auf einen Besuch. Der ehemalige Observation Post (OP) Alpha) war neben OP Romeo, OP India und OP Oscar einer von vier US-Beobachtungsstützpunkten an der hessischen innerdeutschen Grenze. Der Stützpunkt lag im Zentrum der NATO-Verteidigungslinie „Fulda Gap“ (Fuldaer Lücke), in der die NATO im Ernstfall die Invasion der Truppen des Warschauer Pakts erwartete. Die „Fulda Gap“ zog sich von Herleshausen über Fulda bis in die Nähe von Bad Neustadt. Der Name Point Alpha geht darauf zurück, dass es der erste errichtete Beobachtungspunkt war. Nach neueren Forschungsergebnissen wäre das Gebiet rund um Rasdorf/Hünfeld im Kriegsfall eines der ersten militärischen Operationsgebiete in der Fulda Gap geworden. Heute ist „Point Alpha“ der Name einer Mahn-, Gedenk- und Begegnungsstätte. Das Mahnmal und Kunstwerk „Weg der Hoffnung“ regt zum Nachdenken und diskutieren an. Vierzehn monumentale Skulpturen markieren auf einer Strecke von 1,4 km Länge ein Stück des Todesstreifens der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen Hessen und Thüringen. Die Skulpturen stammen von dem international renomierten Künstler Dr. Ulrich Barnickel, der in Weimar aufwuchs und heute in meiner mittelhessischen Heimatstadt Schlitz lebt und arbeitet.
Ulsterradweg vor Tann. Endlich wieder Sonne!
Tann liegt im mittleren Tal der Ulster. Gelbes Schloss.
Ich verließ den Ulsterradweg vor Hilders und fuhr auf dem Milseburgradweg (rechts die markante Landmarke Milseburg) Richtung Fulda. Die Dämmerung brach ein. Langsam wurde es Zeit, mir ein Dach über dem Kopf zu suchen.
An der ehemaligen Bahnhaltestelle „Milseburg“ fand ich eine komfortable Schutzhütte. Im Milseburgtunnel war inzwischen die Notbeleuchtung angeschaltet – was Unentwegte nicht davon abhielt …. Musste ich nicht haben!
Frühstück am nächsten Tag.
Der Tunnel sah jetzt bedeutend freundlicher aus.
Doch es zog mich immer noch nicht in die tiefe Höhle. Höhen und Höhlen sind einfach nicht mein Ding. Andere fahren die Strecke nur wegen des Tunnels. So what.
Der Milseburgtunnel ist ein ehemaliger Eisenbahntunnel der Rhönbahn nahe dem Berg Milseburg im hessischen Teil der Rhön und heutiger Radwegtunnel des Milseburgradwegs. Der 1173 Meter lange Tunnel wurde 1889 eröffnet. Im Winter ist der Milseburgtunnel Ruheort für Fledermäuse und deshalb vom 1. November bis Mitte April zu deren Schutz gesperrt (auch für Fußgänger). Im Inneren des Tunnels herrschen fast konstant Temperaturen zwischen 8 und 10 °C.
Der Umgehungsradweg lohnte sich mit einem schönen Milseburgblick bei bestem Spätsommerwetter.
Zurück auf dem Milseburgradweg R3. Von nun an ging es fasst nur noch bergab. Der Radweg war, anders als es diese Momentaufnahme erscheinen lies, selbst im Frühherbst belebt. Fulda ist nah - und mit der Bahn auch das Rhein-Main-Gebiet.
Blick zurück vom R3 auf Kuppenrhön und Milseburg.
Orangerie in der Barockstadt Fulda.
Der Dom St. Salvator zu Fulda ist die Grabeskirche des heiligen Bonifatius und Ziel der Bonifatiuswallfahrt. Er steht im Mittelpunkt des Fuldaer Barokviertels und ist zugleich das Wahrzeichen der Stadt. Bonifatius, um 673 in Crediton/Devon in England geboren, war einer der bekanntesten Missionare und der wichtigste Kirchenreformer in Frankreich und aufgrund seiner Umfangreichen Missionstätigkeit im damals noch überwiegend „heidnischen“ Germanien wird er seit dem 16. Jahrhundert als „Apostel der Deutschen“ verehrt. Eine seiner Heldentaten bestand in der folgenlosen Fällung der Donareiche (Götzenbild) bei Fritzlar, mit dem er die Überlegenheit des Christentums beweisen wollte. Er war hardcore drauf und wollte unbedingt als Märtyrer sterben. Das gelang ihm. Der über 80-jährige brach noch einmal zur Missionierung der Friesen auf. Die taten ihm den Gefallen. Auf dem Weg zu einer Firmung friesischer Christen wurde er am Morgen des 5.Juni 754 oder möglicherweise eventuell ein Jahr später zusammen mit seinen Begleitern am Ufer des Flusses Dokkum von „Heiden“ erschlagen. Raubmord (wegen der mitgeführten Weihegeräte) oder Martyrium? Möglicherweise beides. Die Kirche hat jedenfalls eine eindeutige Antwort. Und in Fulda sollte man das Martyrium ohnehin nicht öffentlich in Frage stellen. Was ich hiermit auch nicht tue.
Hinter Fulda fuhr ich auf dem Fuldatalweg zu meiner Heimatstadt Schlitz. Ein paar Steigungen waren zu bewältigen, aber im Vergleich zum Allgäu war das alles Pillepalle.
Friedlich, still lag der ehemalige Bade- und Campingsee meiner Jugend vor Pfordt in Schlitz vor mir. Einem Radwanderer, der mit gefüllter Checkarte unterwegs war, musste ich erklären, dass er in Schlitz nicht die große Auswahl an Hotels haben wird. Eine gute Adresse: das Hotel Vorderburg im Burgenring empfahl ich ihm dann doch. Wird immerhin von einer echten Gräfin geführt. Und nein: Dafür hat sie mich nicht bezahlt. In Pfordt gibt es auch eine vom ADFC zertifizierte Bleibe!
Burgenblick Schlitz vom R7a aus. Gut gefüllter Kühlschrank, Dusche, Bett statt Iso-Matte. In dieser Reihenfolge. Auf meiner Radreise rund um Mittelhessen kam ich nach Sonnenuntergang in meinem Heimatort Schlitz an. Ein komisches Gefühl war es schon, hier als Radtourist aufzuschlagen.
Am nächsten Morgen schaute ich vom elterlichen Balkon in Premiumlage auf meine geliebten Burgen (rechts im Bild). Ich bin nicht der Typ, der es mit dem Heimatbegriff hat. Zu oft wurde er - und wird er - mißbraucht. Aber diesen Blick verbinde ich ganz unbedarft mit Heimat. Was auch immer das ist. Ich habe dann noch einige Tage im Garten der Eltern herumgewuselt, weil Arbeiten zum Herbst hin anstanden. Dann fuhr ich über den Radfernweg R7a Richtung Vogelsberg. Tausendmal gefahren. Meine Standardradroute. In Wetzlar wollte ich den Kreis "rund um Hessens Mitte" und Mittelhessen schließen.
Radweg R7a vor Bad Salzschlirf. Mein Bruder fährt den täglich zur Arbeit. Alle Achtung! Knappe 30 Kilometer hin und zurück bei Wind und manchmal garstigem Vogelsbergwetter.
Jede ordentliche Bäderstadt hat einen Kurpark. So auch Bad Salzschlirf.
Burgruine Wartenberg vor Angersbach.
In der Altstadt von Lauterbach war ich ja schon vor wenigen Tagen. Hier Blick vom R7/Vulkanradweg auf Lauterbach. Der Vulkanradweg, denn ich kurz danach verlassen muss, ist ein 94 Kilometer langer hessischer Radwanderweg, der die Wetterau mit dem hohen Vogelsberg verbindet. Heute ist der Vulkanradweg Teil des BahnRadwegs Hessen. Die Radroute nutzt bis Lauterbach die ehemalige Bahntrasse der heute als Oberwaldbahn bezeichneten Vogelsbergbahn. Vom 1. Mai bis zum letzten Sonntag im Oktober verkehren die Linienbusse des Vogelsberger Vulkanexpress RMV jeden Samstag und Sonntag sowie feiertags mit Fahrradanhängern und decken den Beförderungsbedarf auf die Höhen des Vogelsberges. Mit den Bahnhöfen Altenstadt oder Glauberg und Lauterbach ist der Radweg an das deutsche Schienennetz angebunden. Zentral fahren die Busse zum Hoherodskopf von Schlitz, Lauterbach (Bahnanschluss), Mücke (Bahnanschluss), Laubach, Nidda (Bahnanschlus) und Altenstadt (Bahnanschluss).
Hinter Frischborn ging es den Berg hinauf. Ich machte erstmal eine Pause.
Danach fuhr ich durch das Lautertal.
An der alten Frankfurter Straße zwischen Hopfmannsfeld und Hörgenau (heute Radfernweg R7) steht ein steinerner Galgen aus dem Jahre 1707. Zur Abschreckung von etwaigem "Gesindel" errichtete man sie oft an stark frequentierten Wegen oder Straßen. In diesem Sinne ließ man die Hingerichteten oft lange über den Tod hinaus am Galgen hängen. Ob je einer am Hopfmannsfelder Galgen hingerichtet wurde, weiß man nicht.
Engelrod im Abendrot.
In dieser Grillhütte übernachtete ich.
Überregional bekannt ist Ulrichstein .... als Geburtsort des früh verstorbenen Kabarettisten Mathias Belz (Frankfurter Front Theater) - kleiner Scherz am Rande ... mittlerweile durch seine vielen Windkraftanlagen. Aufgrund seiner Lage im Hohen Vogelsberg mit seinen windexponierten Kämmen bestehen hier gute Voraussetzungen für die Nutzung der Windenergie. Der erste Windpark im Stadtgebiet wurde 1994 auf der 558 m hohen Platte oberhalb des Stadtteils Ober-Seibertenrod errichtet. Dieser gehörte gleichzeitig zu den ersten kommerziellen Windparks in Hessen.
Hessischer Radfernweg R7 vor Ulrichstein.
Ulrichstein liegt im Vogelsberg auf 566 Metern Höhe, der Schlossberg (rechts im Bild) mit einer Höhe von 609,7 Metern ist der höchste Punkt Ulrichsteins. Damit ist Ulrichstein Hessens höchstgelegene Stadt. Es ist ein anerkannter Luftkurort und liegt in unmittelbarer Nähe des Naturschutzgebiets Hoherodskopf. Unmittelbar nordwestlich der Ortslage von Ulrichstein befindet sich die Quelle des Flusses Ohm, dessen Mündung in die Lahn bei Cölbe liegt.
Auf der Landstraße hinter Ulrichstein fuhr ich hinunter ins Ohmtal, wo der Radfernweg R7 bis Ruppertenrod hauptsächlich auf Wirtschaftswegen geführt wird. Nun hatte ich die Ohm (Länge 60 km) von der Mündung bei Cölbe bis zur Quelle bei Ulrichstein bereist.
Ruppertenrod: Die Evangelische Fachwerkkirche des Straßendorfes steht … auf der Straße. Wo sonst? Glück gehabt. Was im Wege stand, landete oft im Hessenpark - häufiger noch als Bauschutt ...
Ohmtal hinter Ruppertenrod. Der offizielle Radweg wird über den Berg geführt, dann hinunter ins Feldatal, wieder hoch hinter Nieder-Ohmen und dann wieder runter nach Mücke. Man kann aber auch dem Ohmtal nach Mücke folgen.
Radfernwege R 6/7 zwischen Lehnheim und Grünberg.
Marktplatz in Grünberg („Grimmich“). Keine Ahnung, was für ein Fest da gefeiert wurde. Der Gallusmarkt ist erst Mitte Oktober.
Universitätsstadt Grünberg: Während der Pestepidemie 1542 wurde die Universität Marburg nach Grünberg ausgelagert.
Der Radfernweg R7 wird hinter Göbelnrod bis Gießen überwiegend auf Wirtschaftswegen geführt.
Zeughaus und Neues Schloss sind eine der wenigen erhaltenen historischen Gebäude in der Universitätsstadt Gießen. Durch zwei Luftangriffe in der Nacht vom 6. auf den 7. Dezember 1944 wurde nahezu der gesamte historische Stadtkern durch einen Feuersturm vernichtet.
Copyright: Emha Manuel Heinrich CC BY-SA 3.0 auf WIKIPEDIA.
Dünsberg, Vetzberg und Gleiberg vom Radweg am Lahnufer hinter Gießen aus gesehen.
Kurz vor Wetzlar musste ich mitten in der Nacht aufgeben. Mit plattem Reifen war ich seit Gießen gewandert und hatte mir eine gewaltige Blase angelaufen. In Waldgirmes ging nichts mehr. Ich legte mich unter das schmale Vordach der Lahnauhalle. Es gibt idyllischere Orte.
Am nächsten Morgen reparierte ich das Rad und fuhr zum Ausgangspunkt meiner Tour. Luftbild von Wetzlar mit Dom und Altstadt (links oben die Lahn).
Copyright: Fritz Geller-Grimm CC BY-SA 3.0
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